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Botschaften & Stellungnahmen

Welttag der Großeltern und älteren Menschen 2022

Bischof Ivo Muser

Bozen, Gedenktag der heiligen Joachim und Anna, 26. Juli 2022

Liebe Großeltern und liebe ältere Menschen in unserer Diözese Bozen – Brixen!

Papst Franziskus hat den diesjährigen Welttag der Großeltern und älteren Menschen unter das Psalmwort gestellt: „Sie tragen Frucht noch im Alter und bleiben voll Saft und Frische“ (Ps 92,15). Einen herzlichen Gruß an euch alle. Vergelt´s Gott für das, was ihr an Gutem getan habt und tut. Vergelt´s Gott für das, was ihr seid und was ihr für unsere Kirche und Gesellschaft bedeutet.

Dankbare Erinnerung

Meine Großeltern väterlicherseits habe ich nicht mehr gekannt. Bei den Großeltern mütterlicherseits habe ich als Kind viele Ferienmonate verbracht. Dafür bin ich ihnen heute noch dankbar. Eine Zeit, die ich auf keinen Fall missen möchte. Es war für mich immer etwas Besonderes, wenn die Großeltern bei uns zu Hause auf Besuch kamen – und das war oft. Beim Sterben meiner Großmutter war ich als 16jähriger dabei und für meinen Großvater habe ich den Begräbnisgottesdienst gefeiert, in meinem ersten Jahr als Priester.

Wie wichtig ist das Erzählen!

Großeltern können besonders gut erzählen. Manchmal sogar besser als die Eltern, weil sie mehr Zeit haben und vielleicht auch mehr Geduld. Weil sie mit ihrer Lebenserfahrung manche Konflikte, die es zwischen Eltern und Kindern gibt, gelassener sehen können. Weil sie etwas weitergeben können, das viel kostbarer ist als Geld. Zum Beispiel: Das Zeit –Haben und das Zeit – Schenken. Das Erzählen der Familiengeschichte und der eigenen Erfahrungen. Die Freude an der Natur, in der sie Gottes Spuren erkennen. Den Traum von Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen, den sie auch noch für die Enkel und Enkelinnen träumen wollen. Den Glauben, der ihnen geholfen hat, das Leben zu meistern und zu bewältigen. Das Vertrauen in eine Welt, die trotz allem Mut macht zur Zukunft.

Großeltern geben den Glauben weiter

Kinder brauchen solche Großeltern, damit sie eine gute Chance haben, sich auch im Glauben zu beheimaten. Nicht immer, aber oft kommt dabei der Großmutter eine besondere Rolle zu. So wie die Großmutter Loïs, von der uns im Neuen Testament im zweiten Brief des Apostels Paulus an seinen Schüler Timotheus erzählt wird (2 Tim 1,5). Sie gehörte zur ersten Christengeneration in Kleinasien, in der heutigen Türkei. Sie hat ihrer Tochter Eunike und ihrem Enkel Timotheus von ihrem aufregenden neuen Glauben an Jesus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, erzählt. Sie war wohl eine besondere Frau, unerschrocken, lebenserfahren und begeistert. Das wirkte offensichtlich so überzeugend, dass Tochter und Enkel den neuen Glauben annahmen. Timotheus übernimmt schon in jungen Jahren Verantwortung für die christliche Gemeinschaft. Er ist Begleiter und Mitarbeiter des Apostels Paulus. Er wird als erster Bischof von Ephesus verehrt.

Kinder und Großeltern brauchen sich gegenseitig

Ich habe einmal den folgenden Satz gelesen, der mir sehr gefallen hat: „Der Segen der Großeltern baut den Enkelkindern Häuser.“ Weil ältere Menschen damit herausgefordert werden, nicht bei sich und ihren Erfahrungen stehen zu bleiben, sie absolut zu setzen, sondern sich auch mit dem Leben der Jungen zu beschäftigen. Es ist etwas sehr Schönes, wenn alte Menschen den Kindern und Jugendlichen Gutes wünschen ohne Neid auf die Jahre, die die jungen Menschen noch vor sich haben. Auf der anderen Seite bekommen Großeltern, wenn sie großzügig und nachsichtig sind, auch ganz viel zurück. Die Lebensfreude der Kinder und jungen Menschen ist ansteckend. Spontan, unbekümmert und draufgängerisch, wie sie manchmal sind, vertreiben sie manchen Schmerz und trüben Gedanken. Papst Franziskus spricht sehr oft von der Allianz zwischen den Generationen, eine Allianz, die Jungen und Alten gut tut.

Großeltern und alte Menschen als Hoffnungsträger

Großeltern und im Grunde alle älteren und alten Menschen haben eine hoffnungsvolle Beauftragung: Häuser bauen für die junge Generation. Häuser aus Stein werden und müssen es nicht in jeder Familie sein, aber Lebenshäuser sind immer möglich. Lebenshäuser, die Kindern und Jugendlichen ein festes Fundament geben, in denen sie sich einrichten können. Lebenshäuser, in denen sie sich so sicher fühlen, dass sie die Welt neu gestalten können – auch vom Glauben her. Friedlicher, ehrlicher, gerechter, barmherziger, versöhnter. Das ist ein Segen für die Jungen und die Alten.

„Ein Segen sollt ihr sein“ (vgl. Gen 12,2)

Liebe Großeltern und liebe ältere Menschen, zum Segnen seid ihr berufen und ein Segen sollt ihr sein! Der Herr segne euch auf die Fürsprache der Eltern Marias und der Großeltern Jesu, der heiligen Anna und des heiligen Joachim. Ich bitte euch um euer Gebet für eure Kinder und Enkelkinder, für alle Kinder und jungen Menschen. Ich bitte euch um euer Vorbild, um euer Erzählen, um das Wachhalten eurer Lebens- und Glaubenserfahrung. Wir brauchen euch, wir schätzen euch, wir danken euch!

 

Euer Bischof

Ivo Muser

Bozen, Gedenktag der heiligen Joachim und Anna, 26. Juli 2022