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Predigten

200. Geburtstag des seligen Adolph Kolping

Liebe Marianische Bürgerkongregation, liebe Mitglieder der Kolpingsfamilie, liebe Schwestern und Brüder im Glauben! Am 8. Dezember feiern wir den Beginn eines menschlichen Lebens, eine „Sternstunde unserer Heilsgeschichte“, wie der große Theologe H. U. von Balthasar einmal gesagt hat. Gott setzt in Maria ein Zeichen. Er nimmt diesen einen Menschen heraus aus dem Strom der Sünde und der Schuld, um für die Menschwerdung seines Sohnes und damit für die bleibende Geschichte Gottes mit uns Menschen, den Weg zu bereiten. Wir feiern das Fest einer einzigartigen Berufungs- und Glaubensgeschichte. Welche Glaubenserfahrung bringt dieser Festtag zum Ausdruck?Die wenigen Texte des Neuen Testamentes, die von Maria sprechen, zeichnen von ihr das Bild eines gläubigen Menschen, einer Frau, die sich von Gott ansprechen und beanspruchen lässt, an die ein Ruf ergeht, und die den Weg ihrer Berufung geht. Maria ist die Frau, die ein Leben lang mit Gott rechnet. Sie kann mit offenen Fragen und leidvollen Widersprüchen leben, weil sie an einen Gott vertraut, der immer anders, gleichzeitig aber auch immer größer ist, als wir Menschen uns ihn denken und vorstellen können.Deswegen haben Christen begonnen, diesen ihren Berufungs- und Glaubensweg selig zu preisen. Gläubige Menschen haben erkannt, dass Gott selber dieses Leben angenommen, geheiligt, berufen und bestätigt hat – von Anfang an. Welche Botschaft richtet dieser Festtag an uns?Es ist, als ob Gott selber mit den Worten des Römerbriefes des hl. Paulus zu uns sagen möchte: „Wo die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden“. Gott will uns für diese Hoffnung gewinnen, indem er uns heute einen ganz konkreten Menschen zeigt. Im Licht Jesu, im Blick auf seine Menschwerdung und auf sein Erlösungshandeln in Tod und Auferstehung, soll an seiner Mutter deutlich werden, was Gnade bedeutet: Sie ist kein geheimnisvolles Etwas im Menschen, sondern die persönliche, lebendige Gegenwart eines liebenden Gottes und die Verwandlung, die solche Nähe bewirkt. Und Maria ist eine von uns. Sie soll nach dem Heilsplan Gottes keine Ausnahme bleiben. Gott zeigt uns vielmehr an ihr, was er mit uns allen vor hat. An Maria wird das Ja Gottes zum Menschen deutlich. Sie ist ein konkretes Zeichen, dass Gott und seine Gnade unserem Sein und erst recht all unserem Tun und unserer Leistung vorausgeht und zuvorkommt. An Maria, dem Menschen voll der Gnade, wird deutlich, wie groß Gott selber von uns Menschen denkt, wie ernst Gott uns nimmt und wie sehr er uns teilnehmen und mitwirken lässt an seinem Heilsplan. So wird das Fest ihrer Erwählung zu unserem Fest, zum Fest unserer eigenen Berufung, zum Fest unserer gläubigen Gewissheit, dass auch wir von Gott gewollt, berührt, berufen und getragen sind. Gott, der beruft, wartet auch in unserem Leben auf unsere Antwort. Ein Mensch, der seine Antwort auf den Ruf Gottes in seinem Leben gegeben hat, war auch Adolph Kolping, dessen 200. Geburtstag wir heute begehen. Bei seiner Seligsprechung im Oktober 1991 nannte Papst Johannes Paul II. Adolph Kolping einen der Wegbereiter der Katholischen Soziallehre. Er habe im 19. Jahrhundert „viele Lichter des Evangeliums auf die damals sehr schwierige Frage der sozialen Gerechtigkeit in den wechselseitigen Beziehungen von Arbeit und Kapital geworfen“. Und der Papst weiter: „Adolph Kolping versuchte, die Christen aus ihrer Trägheit aufzurütteln und sie an ihre Verantwortung für die Welt zu erinnern. Für ihn war das Christentum nicht nur für "die Betkammer" gedacht, sondern für den Alltag und für die Gestaltung der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Menschliche und christliche Berufung haben sich in Familie, Kirche, Beruf und Politik zu erfüllen." Adolph Kolping ist in seinem Denken und in seinem Tun immer konkret. Er lässt sich leiten vom biblischen Gottes- und Menschenbild. Er wollte keine Revolution wie sein Zeitgenosse Karl Marx. Er will aber Reform und Gestaltung im Geist des Evangeliums. Er weiß, dass es nicht genügt, die Welt und die Zeitumstände nur zu interpretieren und zu analysieren. Er ist ein Christ der Tat. Er handelt aus der Überzeugung heraus, dass Christen dort nicht fehlen dürfen und sich dort nicht heraushalten dürfen, wo sie, gerade sie, gebraucht werden.So sagt er: „Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist“. „Wer Mut hat, macht Mut“. „Die Zeit ist bei Licht besehen immer gleich gut und gleich schlecht, am Ende vom Jahr, am Anfang desselben. Nur die besseren Menschen machen die Zeiten besser und bessere Menschen macht nur das treu geübte Christentum.“„Das Jammern hilft nicht weiter, ebenso nicht schöne Reden. Man muss sein Herz zum Pfand geben. Tut jeder in seinem Kreise das Beste, so wird’s bald auch in der Welt besser aussehen“. Seine Grundideen bleiben aktuell und sie gilt es in das Heute unserer Gesellschaft und unserer Zeit zu übersetzen:„Sei ein überzeugter Christ.Leiste Tüchtiges in deinem Beruf.Werde ein guter Familienvater ( eine gute Familienmutter).Sei ein tüchtiger Staatsbürger“. Der Kolpingsfamilie Südtirols wünsche ich diese Konkretheit – unter den heutigen Bedingungen und unter den heutigen Herausforderungen : Mut zum Glauben, Mut zum öffentlichen Bekenntnis dieses Glaubens, Mut zur Familie, Mut zum gesellschaftlichen Einsatz, Mut zum Denken und Handeln über den eigenen Zaun und den eigenen Kirchturm hinaus. Maria, die wir heute feiern als die Frau voll der Gnade, möge uns helfen, unsere Antwort zu geben auf den Anruf Gottes in unserem eigenen Leben. Ich wünsche der Marianischen Bürgerkongregation von Bozen, die heute ihr Hauptfest feiert, dass sie sich als gläubige Männer von Maria hinführen lassen zu Jesus und dass sie sich einbringen in ihre Familien, in ihren Beruf, in diese Pfarrgemeinde, in unsere Stadt. Durch Maria zu Jesus: dieser Weg ist für uns alle ein Heilsweg! Die gelebte Christusverbundenheit gibt dem kirchlichen und gesellschaftlichen Leben geistliche Tiefe und inneren Halt.Und der selige Adoph Kolping sei unser Fürsprecher, dass wir nie vergessen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.