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Predigten

Hochfest der Diözesanpatrone Kassian und Vigilius

Bischof Ivo Muser

Brixner Dom, 1. Mai 2022

Liebe Mitbrüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst, geehrte Vertreter und Vertreterinnen des öffentlichen Lebens, liebe Seminaristen, liebe Ministrantinnen und Ministranten, cara comunità in festa, voi tutti che siete collegati con noi attraverso Radio Sacra Famiglia e Radio Grüne Welle, fredesc y sorus!

Jesus, der Auferstandene, erscheint seinen Jüngern zum dritten Mal, nachdem sie nach den niederschmetternden Ereignissen des Karfreitags traurig und mit leeren Händen in ihren Alltag zurückgekehrt sind. Sie fischen nachts und wie ihr Herz bleibt auch ihr Netz leer. Dann beginnt es zu dämmern – und auch ihnen dämmert es. Sie werden gefragt, ob sie etwas zu essen haben. Sie ziehen Bilanz und müssen gestehen: Sie haben nichts – und dieses Eingestehen gibt dem Wunder der vollen Netze erst seinen Raum. Nun schöpfen sie ihren Sinn nicht mehr aus sich, sondern aus der Gestalt vom anderen Ende des Ufers. „Es ist der Herr!“: Das ist die Ostererfahrung des Petrus und seiner Begleiter. Das ist die Initialzündung vom See von Tiberias, die durch die Jahrhunderte geht und die durch Generationen von gläubigen Menschen auch uns erreicht hat.

Von Kardinal Nikolaus Cusanus, dem wohl bekanntesten Brixner Bischof, der wie kein anderer in die Weltkirche hineingewirkt hat, ist eine beeindruckende Karfreitagspredigt erhalten, die er hier im Brixner Dom 1457 gehalten hat. Da fragt er Maria und Johannes unter dem Kreuz, was sie an diesem heiligen Tag der Heilsgeschichte der Kirche von Brixen auftragen möchten. Diesem Beispiel folgend frage ich heute unsere Diözesanpatrone Kassian und Vigilius, was sie uns zu ihrem Festtag auftragen. Da höre ich unsere Patrone sagen:  „Denkt euch einmal alles weg, was mit dem christlichen Glauben und mit der Kirche zu tun hat. Konsequent alles: diesen Dom und alle eure Kirchen, Kreuze, Bilder und Glocken, Sonntag, Ostern, Weihnachten, Allerheiligen und Fronleichnam, die Eucharistiefeier, Taufen und Begräbnisse, die Mutter Gottes und die Heiligen, die Wallfahrtsorte, die Kirchenmusik und die kirchliche Kunst, die vielen Caritasprojekte weltweit und bei euch, die gelebte christliche Nächstenliebe unzähliger einfacher Menschen und, und, und… Was würde da alles fehlen? Was würde sich da alles in euren Beziehungen und in eurer Gesellschaft verändern? Wie würde es unter euch und auch im Großen der Welt ausschauen, wenn es die Botschaft vom gekreuzigten Auferstandenen nicht mehr geben würde? Wäre euer Leben und Zusammenleben dann nicht viel ärmer, kälter, unbarmherziger, trostloser und hoffnungsloser?“ Und ich höre Kassian und Vigilius, die uns weiter fragen: „ Was bedeutet euch das alles? Möchtet ihr, dass es das alles nicht mehr gibt?“ Aber auch: „Was tut ihr dafür, dass euch der Glaube und die christliche Glaubensgemeinschaft erhalten bleiben?“

Dreimal hat unsere Diözese in ihrer langen und bewegten Geschichte ihren Namen gewechselt: Säben, Brixen, Bozen – Brixen. Als 103. Bischof dieser Diözese teile ich am Fest unserer Diözesanpatrone mit euch allen diese Hoffnung: Dass der christliche Glaube, der unser Land entscheidend mitgeprägt hat, nicht zum alten Eisen gehört. Dass Menschen den Glauben kennen lernen, sich mit ihm beschäftigen, über ihre Erfahrungen im Glauben erzählen. Dass Menschen auch heute die Orientierung und die Kraft des Glaubens neu entdecken und dass so unser Leben und unsere Gesellschaft, vor allem auch die Kinder und unsere jungen Menschen, in Berührung gebracht werden mit der Person und mit dem Evangelium Jesu.   

Wer heute zu Glaube und Kirche steht, braucht oft Mut und Zivilcourage. Erst in der vergangenen Woche hat mir ein 19jähriger Maturant erzählt, dass er sich nicht getraut hat nach den Osterferien in seiner Klasse den anderen zu erzählen, dass er an den Kar- und Ostertagen immer den Gottesdienst besucht hat. Er hatte Angst, dafür ausgelacht zu werden. Ich kann diesen jungen Mann gut verstehen und ich habe ihm gedankt, dass er mir das erzählt hat. Besonders beeindruckt hat mich, dass er zu mir gesagt hat: „ Wissen Sie, junge Menschen möchten „in“ sein, nicht „out“. Sie möchten dazugehören und deswegen ist es heute oft so schwer, zur eigenen Überzeugung zu stehen.“ Ob er weiterhin die Kraft haben wird, gegen den Strom zu schwimmen? Ich bete heute besonders für diesen jungen Mann.

Das ist meine schlichte Bitte am Fest unserer Diözesanpatrone: Helfen wir uns gegenseitig zu glauben! Stützen wir uns gegenseitig. Schämen wir uns nicht für unseren Glauben, verschweigen wir ihn nicht, haben wir den Mut, ihn konkret zu zeigen – nicht verschämt, nicht mit vorgehaltener Hand. Ist uns bewusst, dass die eigene Glaubensüberzeugung und Glaubenspraxis andere sehr stützen kann? Ist Eltern und Großeltern, ist uns Erwachsenen noch genügend bewusst, dass gerade Kinder und junge Menschen darauf angewiesen sind, dass sie den Glauben von uns lernen?  

Cassiano e Vigilio simboleggiano la storia della fede nella nostra terra. Celebrarli come nostri patroni diocesani significa riflettere su come sarebbero la nostra vita e anche la convivenza nella nostra società se davvero non sapessimo più nulla di Gesù e del suo vangelo.

Celebrare Cassiano e Vigilio significa dire grazie, perché la fede pasquale ha raggiunto anche la nostra terra, trasmessa dagli apostoli, dai martiri, dai santi, dai vescovi, sacerdoti e religiosi, e soprattutto trasmessa da tante madri e da tanti padri, da numerose donne e uomini che hanno creduto prima di noi, l’hanno messa in pratica e diffusa.

Celebrare Cassiano e Vigilio ci apre tuttavia anche un’altra prospettiva: che adesso tocca a noi! E se non conosciamo, impariamo, pratichiamo e tramandiamo questa fede, allora questa catena vivente di testimoni pasquali si interrompe. Oggi la trasmissione della fede è affidata alla nostra responsabilità. Oggi c’è bisogno di noi. Oggi anche tramite noi si decide se la storia della fede cristiana proseguirà e continuerà ad essere scritta. 

“È il Signore!“ Il Vangelo pasquale di oggi ci vuole conquistare a questa convinzione di fede, che ci ricongiunge alle origini della Chiesa, al tempo degli apostoli, nel quale tutto ha avuto inizio. Questa fede convinta ci unisce a Cassiano e Vigilio, a tutte le donne e gli uomini credenti nella storia e nel presente. “È il Signore!“: questo dobbiamo dirci a vicenda oggi nel giorno solenne dei nostri patroni. Questa testimonianza è il vero significato di questa festa diocesana. Apprezziamo, coltiviamo e mettiamo in pratica ciò che la fede nel Signore Risorto significa e ci dona.

E in fine, con lo sguardo preoccupato e triste verso l´Ucraina affido a tutti noi l´impegno concreto e convinto per la pace. In questa guerra terribile e assurda sono coinvolti in gran parte cristiani che si combattono a vicenda. Per me un fatto molto doloroso! Dobbiamo finalmente capire, che non esistono vittorie ottenute attraverso la guerra, il nazionalismo, il disprezzo di altri popoli, lingue e culture. Chiediamo oggi – anche durante la processione in onore dei nostri Santi Patroni - che ci venga donato il desiderio della pace e della convivenza – qui da noi in Alto Adige, così come in un’Europa comune, dove culture diverse tra loro si incontrano e si arricchiscono a vicenda.

Maria, Mutter Jesu und der Kirche, heilige Diözesanpatrone Kassian und Vigilius, alle Heiligen und Seligen unseres Landes und unserer Ortskirche, begleitet unseren Lebens- und Glaubensweg. Macht uns Mut für das Evangelium. Helft uns, das Osterbekenntnis des Anfangs mitten in unserem Alltag, im Gehen unseres Weges, zu bezeugen: Es ist der Herr, in der lebendigen Gemeinschaft seiner Kirche – heute!