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Predigten

Silvester 2012

Es gibt Fragen, mit denen wir auch am Ende eines Jahres an kein Ende kommen. Man muss keineswegs so pessimistisch sein wie Bert Brecht im Theaterstück ‚Der gute Mensch von Sezuan’. Dort steht der Zweizeiler: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / den Vorhang zu und alle Fragen offen“. Das zu Ende gehende Jahr beantwortete sicherlich die eine oder andere Frage. Es warf aber vermutlich ebenso viele, wenn nicht ein Mehrfaches an Fragen auf, die offen blieben. Im persönlichen Bereich wie auf der Ebene des Zusammenlebens. Zu den am häufigsten verwendeten Begriffen unserer Zeit gehört das Wort ‚Krise’. In allen möglichen Zusammenhängen wird es verwendet. Man spricht von Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Wachstumskrise, Beschäftigungskrise, Krise der Politik, Sinnkrise. Was steckt denn eigentlich hinter dem ganzen Reden über „die Krise“? Zunächst einmal sind es eine ganze Reihe realer Probleme, die zur Lösung anstehen. Ich meine aber, diese allein genügen als Erklärung nicht. Wohlstand, materielle Güter für sich allein genommen reichen offenbar nicht aus, um den Menschen Zufriedenheit zu verschaffen. Es braucht auch etwas für den Geist, für die Seele. Obwohl die Hl. Schrift in einer mit der Gegenwart in keiner Weise vergleichbaren Epoche und unter völlig anderen Umständen entstanden ist, gibt sie uns Orientierungshilfe bei der Beantwortung der Frage: Was dient der umfassenden Entwicklung des Menschen? Zwei Begriffe spielen in der Bibel eine herausragende Rolle: Freiheit und Solidarität. Sie gehören untrennbar zusammen. Zwar wird man in beiden Testamenten das Wort Solidarität vergebens suchen, dennoch begegnet uns das, was mit Solidarität gemeint ist, auf Schritt und Tritt durch die ganze Hl. Schrift. Bezüglich Freiheit drückt sich deutlichsten der Apostel Paulus aus, wenn er im Brief an die Galater schreibt: „Ihr seid zur Freiheit berufen“ (Gal 5,13). Freiheit in Solidarität wird in der Bibel als das Grundprinzip menschlichen Zusammenlebens beschrieben. Für das Volk Israel war die Grundlage jeglichen solidarischen Handelns die Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens. Die Israeliten haben Gott als den erfahren, der ihre Hilferufe gehört und sich mit ihrer Not solidarisch erklärt hat. Er hat sich auf ihre Seite gestellt und sie aus der Unterdrückung in die Freiheit geführt. „Ich bin der Herr, euer Gott, der euch aus Ägypten herausgeführt hat, um euch Kanaan zu geben und euer Gott zu sein“ (Lev 25, 38). Diese Erfahrung von Befreiung stellte für das Volk Israel die Grundlage seiner Gesellschaftsordnung dar. Die erworbene Freiheit erhalten, aber eng verbündet mit Solidarität und Gemeinwohl, das war die Zielvorgabe. Eine ganze Reihe von Bestimmungen, etwa der wöchentliche Ruhetag, die Einführung des Sabbat- und Jubeljahres, oder das Zinsverbot dienten der sozialen Gleichstellung der Israeliten. „Dein Bruder und deine Schwester sollen neben dir leben können“ steht im Buch Leviticus (25,36). Das ist doch in anderen Worten genau das, was Solidarität meint. Wir haben heute das Glück in einem Sozialstaat moderner Prägung zu leben. Politik hat die Aufgabe, den Ausgleich zwischen unterschiedlichsten Interessengruppen und deren Bedürfnissen und Problemlagen herzustellen. Trotzdem geht auch bei uns die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander, nehmen die sozialen Schieflagen zu, nicht zuletzt deshalb, weil das Zusammengehörigkeitsgefühl brüchig geworden ist, Egoismus und individuelles Glücksstreben immer mehr in den Vordergrund gerückt sind. Wie kommt es, dass heutzutage das meiste Interesse auf das Wirtschaftliche fixiert ist und das Geistige, Kulturelle, Humane in der zweiten Reihe den Platz zugewiesen bekommt? Ist das überall registrierte Unbehagen gegenüber Politik, Wirtschaft, ja der ganzen Gesellschaft nicht auch Ausdruck der geistigen Armut einer Zeit, die vorwiegend in Kategorien von Macht, Profit und Erfolg denkt? Hat der Wertewandel uns nicht zu weit weggeführt von überkommenen Werten wie Verantwortung tragen, Gemeinsinn üben? Gibt es unter uns nicht eine zu starke Orientierung auf Eigennutz, Selbstverwirklichung und eine Überbewertung des Konsums? Im neuen Jahr stehen Wahlen ins Haus: in unserem Land Südtirol und in unserem Staat Italien. Parteien und Kandidaten werden sich um Zustimmung bemühen. Das Ringen um Lösungen von Problemen gehört zum Wesen einer funktionierenden Demokratie. Dabei spielt Sprache eine wichtige Rolle. Sprache und Bilder sind wirkmächtige Instrumente, die der Politik zur Verfügung stehen. Weil dem so ist, trägt Politik als gestaltende Kraft eine besondere Verantwortung für den Umgang mit dem Wort. Mit Sprache werden nämlich Wirklichkeiten, sprachliche Wirklichkeiten geschaffen, werden Weltbilder und Einstellungen transportiert. Wer auf die Beteiligung der Bürger setzt, wem Sachpolitik ein Anliegen ist, der sollte in besonderer Weise auf einen sensiblen Umgang mit Sprache achten. I Cristiani sono chiamati a dare forma al mondo così come esso si presenta loro ed anche a trasformarlo, partendo dal Vangelo. E questa trasformazione ha un orientamento, guidato da uno spirito di solidarietà, di giustizia e di rapporto responsabile con la parola.La mia convinzione cristiana mi porta ad incoraggiare tutti coloro che vivono nella nostra terra ad interessarsi alla politica, a darsi da fare in parole ed opere, ad impegnarsi per il bene che riguarda tutti, con senso critico nei confronti di ogni soluzione miope, superficiale o egoistica. Soprattutto incoraggio ad essere critici verso slogan e promesse populistiche. Viviamo ancora in una terra ricca e dovremmo essere grati per il fatto che mai nella nostra storia tante persone hanno goduto di condizioni materiali e finanziarie così buone come al giorno d'oggi. Mi preoccupa però che le persone perdano il senso della gratitudine e della moderazione. Molti si sono abituati a pretendere soltanto e a pretendere sempre di più!Di meno varrebbe spesso di più! La politica non può certo fare tutto da sola e sarebbe ingiusto ritenerla responsabile di tutto. Esiste una responsabilità del singolo di cui non ci si può liberare e che non può venire delegata ad altri. Tocca a ciascuno di noi quando si tratta di pretendere di meno e di condividere di più. Spetta a tutti noi portare il peso di misure di risparmio equamente distribuite.Sulla soglia dell'anno nuovo, auguro a tutti noi il coraggio, la volontà e la forza di considerare il bene comune più importante di ogni interesse individuale o di gruppi particolari, malgrado la pressione esercitata dall'opinione pubblica e dalle prossime elezioni. Auguro a tutti noi il coraggio di realizzare una politica che pensi ed operi a partire dai più deboli e non dai più influenti. Serve una politica che pensi a partire dai bambini, dai giovani, dalle famiglie, dalle donne e dalle madri, dai malati, dai bisognosi ed anche dagli immigrati.Serve una politica che prenda misure in base alla responsabilità per le generazioni future. So che tutto ciò è presto detto e preteso, ma che può essere raggiunto e realizzato soltanto con grande impegno. Eppure abbiamo bisogno di visioni, e proprio la fede cristiana e' in grado di donarcele! Mi preme trattare ancora un tema alla soglia del nuovo anno: si tratta della domenica: e' la festa cristiana all’origine di tutto, tocca la stessa identità cristiana, esprime la nostra fede che l'ultima parola non appartiene alla morte, bensì alla vita. Celebrarla e viverla ci collega con quell'origine che non possiamo smarrire, se non vogliamo rinunciare ad essere cristiani.So, e riconosco con dolore, che questa visione non è più scontata nemmeno per numerosi cristiani. Con profonda convinzione vi chiedo di andare contro corrente, perché la domenica, libera da ogni lavoro non necessario, e' un valore inestimabile, che va sempre di nuovo scoperto e difeso - anche contro resistenze ed interessi privati - e che torna a vantaggio di tutta la società. La persona e' ben più che non soltanto produttività, risultato, consumo e persino lavoro. Abbiamo bisogno di questo giorno, con le possibilità che ci offre, sociali, familiari, culturali e religiose! Per questo per me la domenica e' così importante e così sacra, come cristiano e come Vescovo, perché mi stanno a cuore la lode di Dio e la persona umana! Und jetzt darf ich an der Schwelle des Neuen Jahres mit Überzeugung und Freude eine Diözesansynode ankündigen, die im Herbst 2013 beginnen soll. Diese Synode – dieser gemeinsame Weg – soll Ausdruck unserer Ortskirche sein, die sich Rechenschaft gibt über die Hoffnung, die uns als Christen geschenkt und für die Welt anvertraut ist. Diese Synode soll ein Ereignis des Glaubens und der Verkündigung sein. Ein Ereignis, mit dem sich unsere Ortskirche ganz bewusst unter das Wort Gottes stellt, sich der Führung des Hl. Geistes anvertraut und vom Evangelium her nach Antworten und Lösungen sucht auf die Herausforderungen des Glaubens und der Kirche in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft. Diese Synode soll uns helfen, das Evangelium, das uns anvertraut ist, hinein zu sagen in unsere Südtiroler Gesellschaft. Kirche ist kein Selbstzweck, Kirche darf nicht um sich selber kreisen, sie ist nicht selber das Licht; sie muss Sakrament sein, „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“– wie das II. Vatikanische Konzil sagt (vgl. LG 1). Ich bitte Euch alle um das Gebet und um das Mittragen dieser meiner Entscheidung. Auch der Priesterrat und der Pastoralrat sprachen sich mit großer Mehrheit dafür aus. Ich bete darum, dass es wirklich ein Ereignis eines gemeinsamen Weges wird – im Licht des Evangeliums und in der Freude über Jesus Christus und unseren Glauben an ihn. Ich bitte die ganze Diözese, sich darauf einzulassen, und erbitte uns allen ein „hörendes Herz“, das offen ist für das, was der Herr selber uns durch diesen Weg sagen und schenken will. Für 2012 nach Christi Geburt sagen wir Dank und 2013 nach Christi Geburt erwarten wir gläubig und hoffnungsvoll. Für Christen wird das Neue Jahr, mit allem was es uns bringen wird, wieder ein Jahr des Herrn sein. Mit dem Blick auf Ihn, den Herrn, erwarten wir „getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns, am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag“ (Dietrich Bonhoeffer). Das Licht, das von der Krippe des Erlösers ausgeht, wird uns auch 2013 leuchten, vorangehen und Mut machen.Maria, Mutter des Erlösers, bitte für uns und für das Gelingen der kommenden Synode unserer Diözese Bozen – Brixen“. Amen.