Anlass für die Themenwahl bei der heurigen Religionslehrertagung war die Erfahrung vieler Lehrpersonen, dass der Religionsunterricht zu einem Unterrichtsfach geworden sei, das sich laufend und immer wieder grundsätzlich legitimieren muss. Religionslehrpersonen stellen sich immer öfter die Frage nach der Zukunft des katholischen Religionsunterrichtes: Wird der religionsbezogene Unterricht weiterhin seinen obligatorischen Platz im schulischen Fächerkanon behalten, oder werden in Zukunft religionskundliche bzw. wertneutrale Unterrichtsformen den konfessionellen Religionsunterricht ablösen?
Schülern Begegnung mit Religion ermöglichen
Nach der Tagungseröffnung durch den Leiter des diözesanen Amtes für Schule und Katechese, Markus Felderer, und den Grußworten von Bischof Ivo Muser, plädierte der Hauptreferent der Tagung, Christian Cebulj, Professor für Religionspädagogik und Katechetik an der Theologischen Hochschule Chur (Schweiz), dafür, dass Bildung Religion nicht als Modus der Weltbegegnung ausklammern oder ignorieren sollte. Zur Erfüllung des Bildungsauftrages der Schule gehöre, so das Argument des Theologen Cebulj, Kinder oder Jugendliche dazu zu ermutigen, über Sinnfragen zu reflektieren und je eigene Antworten darauf zu finden. Deshalb sei es auch in Zukunft wünschenswert, Schülerinnen und Schüler die Begegnung mit gelebter Religion zu ermöglichen.
Podiumsdiskussion mit Bischof Muser, Landesrat Achammer, Landesschuldirektorin Falkensteiner und Religionslehrerin Graiss Flöss
Am Nachmittag fand eine Podiumsdiskussion statt, an der Bischof Ivo Muser, Landesrat Philipp Achammer, Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner und die Religionslehrerin Gerda Graiss Flöss teilnahmen. Unter der Moderation von Schulinspektor Christian Alber, vertieften die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Fragen zur Zukunft des Religionsunterrichts und stellten sich den Fragen der Religionslehrpersonen.
Bischof Muser: Religionsunterricht ist und muss Bestandteil der Schule sein
Bischof Ivo Muser vertrat die Auffassung, dass der katholische Religionsunterricht Bestandteil des Bildungsangebotes der Schule ist und auch in Zukunft bleiben muss. Der Religionsunterricht stehe im Dienst einer gesamtmenschlichen Entwicklung der jungen Menschen und sei auch kein Privileg der Kirche. Zugleich beklagte der Bischof, dass es offensichtlich Mode geworden sei, Religion aus dem öffentlichen Raum verdrängen zu wollen.
Landesschuldirektorin Falkensteiner: Religionssensible Schulkultur aufbauen
Die Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner betonte, dass die religiöseBildung von Kindern und Jugendlichen in einer multireligiösen Gesellschaft zu einer wachsenden Herausforderung wird. Unter den Bedingungen der religiösen Pluralität, die sich im Schulsystem verstärkt abbildet, sei zu überdenken, wie die religiöse Bildung all jener Schülerinnen und Schüler garantiert werden könne, die nicht am katholischen Religionsunterricht teilnehmen. Sie lud die Religionslehrerinnen und -lehrer ein, sich aktiv am Aufbau einer religionssensiblen Schulkultur vor Ort zu beteiligen und sicherte den Schulen ihre Unterstützung bei der Entwicklung von Alternativen zum Religionsunterricht zu.
Religionslehrerin Graiss Flöss: Fächerübergreifendes bzw. fächerverbindendes religiöses Lernen
Gerda Graiss Flöss, Religionslehrerin an der Grundschule Eckert, berichtete von den Initiativen des Schulsprengels Meran/Untermais fächerübergreifendes bzw. fächerverbindenden religiöses Lernen an der Schule zu intensivieren, um Schritte hin zu einer religionssensiblen Schule zu setzen. Sie sprach aber auch davon, dass dies Aufgabe der gesamten Schule nicht nur der Religionslehrerinnen und -lehrer sei.
Landesrat Achammer: Religiöse Bildung ist für Persönlichkeitsentwicklung wichtig
Landesrat Philipp Achammer versicherte den anwesenden Religionslehrpersonen, dass er von der Zukunftsfähigkeit des katholischen Religionsunterrichts überzeugt sei. In einer durch Traditionsabbrüche, Unsicherheiten und Unübersichtlichkeit gekennzeichneten Zeit stellen sich vermehrt Fragen nach Werten, Lebenssinn und Orientierungshilfen. Daher ist religiöse Bildung für die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler wichtig, weil sie dazu beiträgt, aus der eigenen religiösen Identität heraus dem Anderen respektvoll, tolerant und neugierig zu begegnen. Identität und Dialog, so der Landesrat, sind keine Gegensätze. Er rief die Religionslehrerinnen und -lehrer auf, falsche Vorstellungen von der konkreten Gestalt des Religionsunterrichtes bei Eltern und Schülerinnen bzw. Schülern abzubauen und verstärkt den Austausch untereinander zur Weiterentwicklung des Religionsunterrichts zu suchen.