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Pressemitteilungen 2022

Bischof Muser: Gemeinsames Tun in den Mittelpunkt stellen

"Nahe und gemeinsam" sind die Schlagworte, mit der die Diözese ihre Arbeitsschwerpunkte im kommenden Jahr umschreibt. "Wir haben zwei Schwerpunkte, das Wort Gottes und die tätige Nächstenliebe. Aber wir wissen nicht, wie es in den Pfarreien weitergehen soll. Wir schaffen es kaum, den Alltag zu bewältigen: wo soll noch Platz sein für neue Themen?", fragte Bischof Ivo Muser heute (17. September 2022) bei seinem Grundsatzreferat zum kirchlichen Arbeitsjahr. Die Antwort liegt für den Bischof im Stichwort "gemeinsam". "Eine Pfarrei ist dann lebendig, wenn das gemeinsame Tun, das gemeinsame Vorangehen im Mittelpunkt steht", sagte der Bischof.

Mit der Pastoraltagung wird Jahr für Jahr im September das kirchliche Arbeitsjahr eröffnet. Traditioneller Höhepunkt der Tagung ist die programmatische Rede des Bischofs, die immer eine Standortbestimmung und gleichzeitig auch ein Wegweiser ist, der zeigt, wie sich die Ortskirche ausrichtet. 

Ausgehend von der Schwerpunktsetzung durch das Jahresthema „Nahe und gemeinsam“ ging der Bischof in seiner Rede auf die Herausforderungen für die Pfarreien, den Einsatz für die Mitmenschen in Not, konkretes Handeln im Hinblick auf Klimawandel und Energiekrise sowie auf die innerkirchlichen Diskussionsprozesse in der weltweiten und in der italienischen Synode ein.

Begegnung ist unverzichtbar

Zu Beginn seiner Ausführungen befasste sich der Bischof mit den zentralen Elementen des Jahresthemas und sagte, dass über allem die Begegnung stehe: „Die Begegnung ist unverzichtbar. Sie ist das, was allein notwendig ist – und ohne die Begegnung mit dem Anderen ist unser Tun leer und sinnlos, gerade in der Seelsorge Die Begegnung mit dem anderen, einander nahe sein, gemeinsam vorangehen: wir gewinnen dadurch nicht Effizienz oder Schlagkraft, aber wir kommen mit Gott in Verbindung. Die Begegnung mit anderen Menschen ist der zentrale Ort, an dem sich die Begegnung mit Gott abspielt.“

Eucharistie und Wortgottesfeier

Der zentrale Ort der Begegnung in der Kirche ist der gemeinsame Gottesdienst der Pfarrgemeinde. Aufgrund des Priestermangels kann in vielen Pfarreien unserer Diözese nicht mehr an jedem Sonntag die Eucharistie gefeiert werden, so dass andere Formen des Gottesdienstes wie etwa die Wort-Gottes-Feier an die Stelle der Messe treten. In seiner Rede ging der Bischof auf das Verhältnis von Eucharistie und Wort-Gottes-Feier ein: „Die Situation wird sich in nächster Zeit noch dramatisch zuspitzen. Dies führt uns in Versuchung die Wort-Gottes-Feier als eine Art Lückenbüßer für die Eucharistie zu verstehen. Das eine soll nicht gegen das andere ausgespielt werden, es darf zu keinem Entweder-oder kommen. Die Eucharistiefeier ist grundlegend und kommt zuerst. Gleichzeitig ist die Wortgottesfeier ein Wert und ein Segen für die Gemeinschaft. Eucharistiefeier und Wortgottesfeier: Wir brauchen beide und beide aufeinander bezogen!“

Gemeinsam Pfarrei gestalten

Die schwierige Situation in den Pfarreien mit dem Jahresthema verknüpfend sagte der Bischof: „Wir haben zwei Schwerpunkte, das Wort Gottes und die tätige Nächstenliebe. Aber wir wissen nicht, wie es in den Pfarreien weitergehen soll. Wir schaffen es kaum, den Alltag zu bewältigen: wo soll noch Platz sein für neue Themen? Die bisherige Struktur der Seelsorge löst sich auf. Dabei sollten wir nicht verschweigen: Der Gläubigenmangel ist noch viel größer als der Priestermangel! Säkularisierung, Individualisierung und Privatisierung in der Beziehung zu Glauben und Kirche sind zu einer großen Herausforderung geworden. Diese Anregungen gebe ich in diese Situation hinein: Verlieren wir uns nicht in der Vielfalt der Aufgaben und behalten klar im Auge, was allein notwendig ist: Christus und sein Wort. „Nahe und gemeinsam“ ist kein besonderes Tun, sondern eine Qualität des Tuns.“ Der Bischof betonte, dass der strukturelle Umbruch besonders in der Leitung der Pfarrei zu spüren sei und forderte auf, diesen Umbruch noch entschlossener als bisher anzugehen: „Die Richtlinien zu den Pastoralteams und zum Miteinander im Leitungsdienst geben einen gangbaren Weg vor. Über manches Detail kann man diskutieren, doch der Sache nach führt kein Weg daran vorbei: nur dort werden unsere Pfarreien eine Zukunft haben, wo es eine Gemeinschaft von Menschen gibt, die dafür Verantwortung übernehmen.“

Synodale Wege

Der Bischof ging in seinen Ausführungen auch auf die Reformprozesse in der italienischen Kirche und der Weltkirche ein, die von Papst Franziskus mit der Bischofssynode und dem synodalen Weg der italienischen Kirche angestoßen worden sind: „Auch wir sind eingeladen, in unserer Ortskirche diesen Weg der Kirche mitzugehen.“ Auf Grundlage der Rückmeldungen des vergangenen ersten Jahres der Synode wurden drei Baustellen definiert, an denen vertieft gearbeitet werden soll. Neben diesen drei Themenbereichen soll jede Diözese je nach ihrer spezifischen Situation und Geschichte eine weitere Baustelle festlegen. Diese vierte Baustelle ist in der Diözese Bozen-Brixen das Miteinander der Sprachen und Kulturen, wie Bischof Muser mitteilte: „Die Baustelle des Miteinanders ist in einem positiven Sinn eine Dauerbaustelle. Das Zusammenleben ist kein Projekt, das irgendwann abgeschlossen sein wird, sondern ein Bau, der dazu bestimmt ist, täglich zu wachsen und zu reifen. Unser Land Südtirol feiert in diesem Jahr 50 Jahre Zweites Autonomiestatut. Dabei dürfen wir bewusst und dankbar auch an Bischof Joseph Gargitter erinnern, der sich damals entschieden für das Zusammenleben der Sprachgruppen und für eine neue Versöhnungs-, Gesprächs- und Verhandlungskultur eingesetzt hat. Der synodale Weg mit den Kirchen Italiens soll für unsere Ortskirche, für die Pfarreien und Gemeinschaften unserer Diözese eine Gelegenheit werden, das Zusammenleben der Sprachgruppen in der Kirche unter die Lupe zu nehmen.“

Kirchliche Großwetterlage: Stürmisch

Abschließend sagte der Bischof, dass in der Kirche trotz der vielfachen Herausforderungen immer der Blick auf das Gute gerichtet werden soll: „Wir sind in der Seelsorge nicht in einer einfachen Situation, mit all den Veränderungen und Umbrüchen, die es zu gestalten gilt. Die kirchliche Großwetterlage ist stürmisch. Glauben bedeutet: Wir haben Christus selber im Boot unserer Kirche und unserer Zeit – und ER steigt nicht aus! Er ist da und lädt uns ein, einander nahe zu sein, einander Wertschätzung zu zeigen, miteinander, gemeinsam voranzugehen. Mit Blick auf das konkrete Gute, das schon da ist. Mit Blick auf den nächsten guten und möglichen Schritt, den wir gemeinsam tun können.“