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Vorträge & Ansprachen

Pastoraltagung 2021

Bischof Ivo Muser

Cusanus Akademie Brixen, 18. September 2021

 

  1. Theologische Einführung zum Jahresthema

Vor etwa einem halben Jahr haben wir in einer Klausur des Kurienrates ein Gedankenexperiment gemacht: Wie sieht unsere Ortskirche in zehn Jahren aus? Wohin würde sie sich entwickeln, wenn wir heute die Zeichen der Zeit sehen und mutig die richtigen Schritte setzen? Was wäre ein realistischer Wunschtraum? Was erhoffen wir uns angesichts der tiefschürfenden Entkirchlichung unserer Gesellschaft? Wie wird sich der Einschnitt auswirken, den uns die Pandemie beschert? Welche Haltungen brauchen wir, um in dieser Situation unserem Auftrag als Kirche treu zu sein?

Aus den Gesprächen hat sich ein gemeinsames Bild herauskristallisiert: Wir nehmen Abschied von der Kirche, wie wir sie aus unserer Kindheit kennen. Es ist ein schmerzhafter Weg. Aber wir sind nicht allein. Wir lernen, unsere Kirche in ihrem neuen Kleid zu schätzen. Wir erleben sie als bescheidene Gemeinschaft, die die Nähe Gottes zu den Menschen bezeugt. Als Gemeinschaft, die den Menschen in ihrem Umfeld dient und nahe ist. Wir werden eine Kirche sein, die die Trauer über das Vergangene abgelegt und Trost und Hoffnung in den Verheißungen Christi gefunden hat. Wir werden eine Kirche sein, die sich täglich neu über das Reich Gottes freut, das mitten unter uns da ist und wirksam ist. Wir werden eine Kirche sein, wo durch menschliche Nähe und Gemeinschaft etwas von der Nähe des Gottesreiches erfahrbar wird. Über diesen und ähnliche Gedankengänge hat sich das Jahresthema herauskristallisiert: „Auf dein Wort hin… nahe und gemeinsam“.

Die Stichworte „nahe“ und „gemeinsam“ haben durch die Corona-Krise starke Aktualität. Zum Schutz der Gesundheit müssen wir physisch voneinander Distanz halten. Dies hat auch eine soziale Distanzierung mit sich gebracht. Das Beziehungsgeflecht unserer Gemeinschaften ist großen Belastungen ausgesetzt. In einer Situation, in der Zusammenhalt mehr denn je gefragt wäre, wachsen nicht nur die solidarischen Kräfte der Gemeinschaft, sondern auch Kräfte, die spalten und verunsichern.

Diese Verunsicherung ist ein wesentlicher Teil der Krise, die wir gerade erleben. Denn wie jede Krise bringt auch diese Krise Menschen an ihre Grenzen. Die Verunsicherung lässt uns aber auch erkennen, was wertvoll und wichtig in unserem Leben ist. Krisen bleiben niemanden erspart, auch nicht glaubenden Menschen. Die Krise ist aber auch der Moment, uns an die Zusage zu erinnern: Gott ist da. Er bewahrt uns nicht vor Krisen. Aber führt uns durch die Krise durch, wenn wir uns führen lassen. Die Bibel erzählt von zahlreichen ähnlichen Situationen. Wie in einem Brennglas sammeln sich diese Erfahrungen in der Frohbotschaft Jesu: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.“ (Mk 1,15)

a) Gabe

Was uns als Kirche mitgegeben und geschenkt ist, ist nicht in erster Linie eine Moral oder ein Gebot, sondern zuerst eine tröstende Zusage, ein Licht der Hoffnung. Gott ist nahe, er geht an unserer Seite. Auch und gerade dort, wo wir selbst nicht weiterwissen. Auch in der gegenwärtigen Krise erklingt nicht zuerst der moralische Imperativ: „seid einander nahe“ oder „pflegt eure Gemeinschaft“, sondern die Zusicherung Gottes: „ich bin bei euch“.

„Ich bin da“ ist nicht nur ein Versprechen, sondern der Name, das Wesen Gottes selbst (vgl. Ex 3,14). Gott ist wesentlich einer, der da ist, in Beziehung tritt, den Weg des Menschen begleitet. Es geht nicht um eine äußerliche Präsenz im Sinne eines oberflächlichen „alles wird gut“, sondern um eine Beziehung, die tröstet und hält, die den Lichtstreif am Horizont aufzeigt und wachhält. Gott ist da, auch wo ich selbst nur mehr rufen kann: „Warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2; Mk 15,34). Gott ist die lebendige Liebe (1Joh 4,16), auch in den dunklen und schweren Stunden, auch wenn wir selbst nicht mehr weiterwissen.

Wo könnten wir als Kirche in zehn Jahren stehen, wenn alles gut läuft? Die Antwort auf diese Frage wird nicht in einer quantitativen Zählung oder in der Effizienz einer Organisationsstruktur liegen, sondern darin, wie weit wir selbst als Christinnen und Christen immer wieder neu an diese frohe Botschaft der Nähe Gottes anknüpfen und aus ihr Kraft und Zuversicht schöpfen. Alles, was wir tun, organisieren, leisten, wird dann gut und kraftvoll sein, wenn es in der vertrauensvollen Beziehung zu Gott gründet, der nahe ist.

b) Aufgabe

In der Verkündigung Jesu gehören Wort und Tat untrennbar zusammen. Der Ankündigung des nahen Gottesreiches entsprechen untrennbar die Mahlgemeinschaft mit den Zöllnern und Sündern, die Heilung der Kranken, die Zuwendung zu den Randfiguren der Gesellschaft. Was Jesus in Worten ankündigt, ereignet sich in seinem Tun. Sein Handeln ist wirksames Zeichen der Nähe Gottes.

So gehört zu Jesu Verkündigung „die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe“ untrennbar auch der zweite Satz: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium“. Gottes Nähe ist an keine Bedingung gebunden, aber sie braucht unser Einstimmen, unser Mitschwingen, unser Mittun, unsere Umkehr. Gott ist nahe: also seid einander nahe! Um Gottes Nähe zu erfahren, müssen wir uns dieser Nähe öffnen: indem wir als Menschen füreinander da sind. Die Liebe Gottes bleibt abstrakt, wenn sie nicht gelebt wird, nicht übersetzt wird in Akte und Haltungen der mitmenschlichen Liebe (vgl. 1 Joh 4, 7-21).

Die Frohbotschaft der Nähe Gottes und der Einsatz für menschliche Nähe und Gemeinschaft: sie hängen unmittelbar zusammen. Kirche sein gelingt mit Blick auf Gott und mit Blick auf die Gemeinschaft, in der wir leben. Kirche wächst nicht, indem wir uns um die Kirche sorgen und uns mit ihr beschäftigen. Manchmal ist es gerade diese besorgte Selbstbezogenheit, die dem Glauben die Kraft nimmt. Unsere Kirche wird in dem Maße wachsen, wie sie sich selbst vergisst. Kirche gedeiht, wo Menschen die Botschaft von der tröstenden und liebenden Nähe Gottes annehmen und ihr Leben danach gestalten. Kirche gedeiht, wo wir uns auf Gott und auf die Menschen ausrichten. Beides gehört untrennbar zusammen. Wie für den einzelnen Menschen, so gilt auch für die Kirche: sie wird ihr Leben gewinnen, wenn sie sich selbst in Gott und im Nächsten verliert (vgl. Mt 16,25).

In diese Dynamik der geschenkten Nähe Gottes, die zugleich Auftrag an uns ist, möchte ich die drei praktischen Akzente eingebettet wissen, die mit dem heurigen Jahresthema verbunden sind. Die Pfarrgemeinderatswahlen, die Bibelarbeit, die caritative Tätigkeit.

 

2. Praktische Akzente zum Jahresthema

a) Pfarrgemeinderatswahlen und Bischofssynode
Auf dem Hintergrund unserer Diözesansynode geht es im heurigen Jahresthema darum, wie wir Kirche vor Ort in unseren Pfarrgemeinden gestalten. Diesbezüglich steht in einem Monat ein wichtiges Ereignis an: die Pfarrgemeinderatswahl. Aus vielen Berichten weiß ich, dass es auch dieses Mal nicht einfach ist, Kandidatinnen und Kandidaten zu finden und die Menschen zur Wahl zu motivieren. Schon vorher war es nicht einfach, Kandidaten für einen Pfarrgemeinderat oder für andere längerfristige Verantwortungsaufgaben zu gewinnen. Durch die Pandemie hat das Beziehungsgeflecht vielerorts nochmals stark gelitten. Ich möchte Sie dennoch ermutigen, im Einsatz nicht nachzulassen. Sprechen Sie bis zuletzt Menschen an, erzählen Sie von ihrer Motivation, ihrer eigenen Freude am Glauben. Fragen Sie auch Leute, die bisher am Rande stehen oder selten zu sehen sind. Lassen sie sich überraschen und beschenken von den Gesprächen, die so entstehen können.

Unabhängig davon, wie die Kandidatenliste aussieht, möchte ich Sie ermutigen, wirklich eine Wahl abzuhalten. Wie in der Zivilgesellschaft ist auch in der Kirche eine Wahl immer ein Zeichen dafür, dass transparent gearbeitet wird, dass die Meinung der Pfarrgemeinde gefragt ist, dass Partizipation erwünscht ist. Sie vermeiden umgekehrt den unguten Eindruck, dass der Pfarrgemeinderat vom Pfarrer oder von einigen Getreuen im Hinterzimmer nach Belieben zusammengestellt wurde. Die Pfarrei ist die Gemeinschaft der Christen an einem bestimmten Ort. Durch die Wahl des Pfarrgemeinderates kommt diese gemeinsame Verantwortung für die Glaubensgemeinschaft am eigenen Ort zum Ausdruck.

Papst Franziskus gibt dieser gemeinsamen Verantwortung für die Sendung der Kirche seit Beginn seines Pontifikates großes Gewicht. Er möchte, dass sich die Kirche in all ihren Gliedern auf Mission ausrichtet (EG 27). All unser Tun soll auf die Menschen „an den Rändern“ zugehen, denen die frohe Botschaft der Nähe Gottes als erstes gilt. Eine solche missionarische Ausrichtung der Kirche verlangt – so betont der Papst immer wieder – eine effektive „Präsenz in der Fläche“ (vgl. QA 94), sie braucht lebendige und kraftvolle christliche Gemeinden, auch und gerade in den kleinen und abgelegenen Orten. Damit dies gelingen kann ist auch an den kirchenrechtlichen und strukturellen Voraussetzungen zu arbeiten: damit die christlichen Gemeinschaften starke und aktive Subjekte der Mission werden können, muss auch das aktuelle Leitungsmodell der Kirche neu bedacht und ausgerichtet werden.

Aus diesem Grund hat Papst Franziskus die Dienste des Lektors und des Akolythen neu bewertet und den Dienst des Katecheten neu eingeführt. Sie stehen offiziell allen Christen offen, Männern und Frauen. Es sind kirchliche Dienste, die in der Tauf- und Firmberufung ihre Grundlage haben. Es geht um eine Seelsorge in gemeinsamer Verantwortung, getragen vom „Priestertum des Dienstes“, das seine Grundlage im Weihesakrament hat, und vom „gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen“ (vgl. LG 10). Als weiterer Schritt auf diesem Weg hat er zu Pfingsten die Bischofssynode 2023 angekündigt zum Thema: „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission.“ In dieser Bischofssynode möchte der Papst nicht nur über Gemeinschaft und Partizipation reden, sondern er möchte Gemeinschaft und Partizipation in einem synodalen Prozess in der ganzen Weltkirche gelebt wissen.

So sind auch wir in diesem Herbst eingeladen, einen synodalen Weg zu gehen, und unseren Teil zur Bischofssynode beizutragen. Was wir in unserer Diözese erarbeiten, wird in ein gemeinsames Dokument der Bischofskonferenz einfließen. Als weiteren Schritt wird es eine kontinentale Auswertung der Ergebnisse geben, bevor der Prozess im Herbst 2023 in Rom auf der weltkirchlichen Ebene zum Abschluss kommen wird. Dieser Weg für uns eine Gelegenheit, die Ergebnisse unserer Diözesansynode noch einmal in die Hand zu nehmen: zu sehen, wo wir schon weitergekommen sind und wo noch Handlungsbedarf ist, damit unsere Pfarreien und christlichen Gemeinschaften zu starken Akteuren einer missionarischen Kirche werden können.

Ich lade Sie somit herzlich ein, sich einzubringen und an diesem diözesanen Weg teilzunehmen. Die feierliche Eröffnung findet am 17. Oktober statt, eine Woche vor unseren Pfarrgemeinderatswahlen. Dieser Termin, den Papst Franziskus für alle Diözesen festgelegt hat, gibt diesem Gottesdienst in unserer Diözese nochmals einen besonderen Charakter. Die Pfarrgemeinderatswahlen sind ein konkretes Element einer synodalen Kirche, in der Gemeinschaft, Partizipation und Mission gelebt werden. Deshalb verbinden wir die Eröffnung des diözesanen Teils der Bischofssynode mit einer Diözesanwallfahrt. Sie wird für uns zur Gelegenheit, auch für ein gutes Gelingen der Pfarrgemeinderatswahl zu beten. Auf die Fürsprache unserer Diözesanpatrone wollen wir um den Beistand des Heiligen Geistes bitten, damit er unsere Herzen für die Nöte und Anliegen unserer Zeit öffne, damit wir Wege finden, unsere Pfarreien lebendig zu gestalten und gemeinsam den Menschen nahe zu sein.

Wie Papst Franziskus immer wieder betont, ist die Pfarrei nach wie vor wesentlich und wichtig. Mitten in all den Veränderungen bleibt sie die Art und Weise, wie die Kirche mitten unter den Häusern der Menschen da ist und missionarisch wirksam ist (vgl. EG 28). Dank der Pfarreien ist es möglich, Menschen in freudigen und leidvollen Momenten des Lebens zu begleiten, den Jahreskreis zu gestalten und eine lebendige Glaubensgemeinschaft zu pflegen. Der Titel unseres Jahresthemas könnte genauso gut als Auftragsbeschreibung der Pfarrei gelten: „Auf Dein Wort hin… nahe und gemeinsam“. Mitten und trotz aller Schwierigkeiten, die wir kennen, kommt das Wort vom nahen Gottesreich durch die Pfarrei mitten unter den Menschen an und begegnet ihnen an ihrem konkreten Ort.

b) Bibelarbeit und kleine christliche Gemeinschaften
Eine wichtige Art und Weise, wie diese Begegnung mit Gott geschehen kann, ist die Beschäftigung mit dem Wort Gottes. Zurecht zitiert das Zweite Vatikanische Konzil den Kirchenvater Hieronymus, den großen Bibelübersetzer: „Die Heilige Schrift nicht kennen heißt Christus nicht kennen“ (DV 25) Die Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift ist eine der herausragenden Möglichkeiten, mit Gott in Berührung zu kommen und seiner Nähe bewusst zu werden. Die Schriften der Bibel bezeugen, wie Menschen durch die Jahrhunderte die Nähe Gottes erfahren haben. Wie sie mit Gott und seiner Verheißung gerungen haben, wie Gott immer wieder neu anknüpft, sein Volk sucht und erwählt. Die Bibel bezeugt, wie Gott in Christus alle Menschen, ja die gesamte Schöpfung hineinnimmt in diese Verheißung der Nähe, des Trostes und der Vollendung. Die Auseinandersetzung mit den heiligen Schriften war und ist für die Kirche eine Quelle der Erneuerung, weil Gottes Geist selbst durch die Worte der Schrift zu uns spricht. (vgl. DV 21)

Deshalb möchte ich Sie dazu ermutigen, in ihren Pfarreien, Verbänden und Gemeinschaften, aber auch in ihren Freundeskreisen und Nachbarschaften kleine christliche Gemeinschaften aufzubauen, die sich um das gemeinsame Bibelteilen sammeln. Scheuen Sie nicht den Versuch, beginnen sie einfach mit einem kleinen Kreis von Personen. Nutzen Sie die Einführungstreffen, die vom Seelsorgeamt angeboten werden, lassen Sie sich vom Bibelreferenten begleiten, wagen Sie das Experiment!

Die Erfahrungen aus den Missionsländern zeigen, welch großes Potential in diesen kleinen Gemeinschaften liegt, die sich um Gottes Wort sammeln. Hier kann lebendige Seelsorge stattfinden, auch wenn nur wenige Priester verfügbar sind. Hier können Menschen einander nahe sein, einander begleiten und miteinander im Glauben wachsen. „Nahe und gemeinsam“ ist hier kein abstraktes Schlagwort. Durch das gemeinsame Meditieren einer Bibelstelle kann die Nähe Gottes erfahrbar werden, in gelebter menschlicher Nähe und mit Blick auf konkrete Lebenssituationen. Hier lernen Menschen, ihr Leben vom Glauben her zu betrachten und den Glauben in ihrer Alltagssprache ins Wort zu bringen. Hier werden Menschen ermutigt, füreinander Sorge zu tragen und in die Gemeinschaft hinein zu wirken.

c) Pfarrcaritas
Diesem Wirken in die Gemeinschaft hinein ist auch der dritte Schwerpunkt des Jahresthemas gewidmet. „Nahe und gemeinsam“ bringt den Auftrag der Pfarrei auf den Punkt, sich für ein funktionierendes Gemeinwesen am eigenen Ort einzusetzen. „Gemeinsam“ meint eben nicht in erster Linie das Beisammensein, das Gespräch, die gemeinsame Aktion, sondern vielmehr ein Teilen der Gaben, das die Grenzen der eigenen Kreise sprengt und den Nächsten aufsucht. Mit dem Stichwort „gemeinsam“ verbinde ich die Vision einer Kirche, in der jeder und jede am Leben der Pfarrei teilhaben und sich mit den eigenen Gaben einbringen kann, damit wir gemeinsam unseren Beitrag für das Wohl der Menschen leisten können. Beides hängt eng miteinander zusammen. Wir haben den Auftrag, unseren Beitrag für ein gelingendes Gemeinwesen zu leisten. Damit das gelingt, braucht es eine lebendige kirchliche Gemeinschaft, die jeden Menschen mit seinen je eigenen Gaben anerkennt und schätzt. Partizipation nach innen und Wirksamkeit nach außen bedingen sich gegenseitig.

Die Pfarrcaritas spielt hier eine wichtige Rolle. Es fügt sich gut, dass wir genau in diesem Arbeitsjahr das 30jährige Bestehen der Dienststelle Pfarrcaritas und Freiwilligenarbeit feiern können. Denn das Anliegen der diözesanen Caritas bzw. der Pfarrcaritas deckt sich genau mit jenem des Jahresthemas. Es geht darum, dass Menschen motiviert und angeregt werden, einander zu dienen und dabei besonders jene in Blick zu nehmen, die unserer Nähe am meisten bedürfen.

Ein Aspekt der Bedürftigkeit hat sich durch die Pandemie neu und stark in den Vordergrund gedrängt. Ich spreche von der Einsamkeit, die so viele ältere und kranke Menschen quält, aber auch viele Menschen mit Migrationshintergrund, mit familiären oder psychischen Problemen. Einsamkeit ist keine Frage der physischen Präsenz oder Abwesenheit von Personen, sondern eine Frage der Beziehungen. Die Fähigkeit, die Einsamkeit unserer Mitmenschen wahrzunehmen und sich ihrer anzunehmen ist ein zentraler Indikator für die Gesundheit unserer Gemeinschaft.

Über das Thema der Einsamkeit hinaus gibt es viele Möglichkeiten, wie wir als Pfarrei in die Gemeinschaft hinein wirksam werden können. Zentral ist in all dem, dass der Einsatz für den Nächsten nicht einfach an jemanden delegiert werden kann, und sei es die Pfarrcaritas. Jeder und jede von uns ist eingeladen, die Frohbotschaft von der Nähe Gottes zu hören und selbst anderen Menschen nahe zu sein. Die Pfarrcaritas hat die Aufgabe, die Menschen anzuregen und zu motivieren, einander nahe zu sein und so Gottes Liebe und Nähe zu bezeugen.

„Auf dein Wort hin… nahe und gemeinsam“: Das diözesane Jahresthema lädt ein, die Nähe Gottes im Einsatz füreinander neu zu erspüren und zu vermitteln. Die Pfarrgemeinderatswahlen sind ein wichtiges Zeichen dafür, dass wir als Kirche den Menschen vor Ort nahe und für sie erreichbar sein wollen. Die Begegnung mit Gottes Wort in der Bibel hilft uns, die Nähe Gottes konkret in unserem Leben zu erfahren. Im Einsatz für die gelebte Nächstenliebe, die Caritas, bringen wir die Liebe Gottes zum Ausdruck und machen uns zu ihrem Sprachrohr.

3. Weitere Themen in Zusammenhang mit dem Jahresthema

Ich möchte nun drei weitere Themen nennen, die mir im Zusammenhang mit unserem Jahresthema am Herzen liegen: die Begleitung kranker und sterbender Menschen, die Vorbereitung auf die Sakramente und die Verantwortung für die Schöpfung.

a) Begleitung kranker und sterbender Menschen
Es ist ein Thema, für das uns die Pandemie noch einmal stark sensibilisiert hat. Es ist aber auch ein Thema, das durch die aktuellen Debatten um die Euthanasie und den assistierten Suizid eine ganz neue Dimension bekommt. Ich möchte mein Anliegen in dieser Sache prägnant auf den Punkt bringen: „Wir brauchen eine Richtungsentscheidung für das Leben“[1].

Überdeutlich haben wir erlebt, was fehlt, wenn am Ende des Lebens die menschliche Nähe fehlt. Über jede medizinische Maßnahme hinaus brauchen wir den Zuspruch und den Trost, jemanden, der uns sagt: „Ich bin bei dir und steh dir bei, komme, was wolle“. Als Christinnen und Christen erfüllt uns die Hoffnung, dass das Leben auch durch Leid und Krankheit nicht seinen Sinn verliert. Von dieser Hoffnung geben wir Zeugnis, indem wir kranken und sterbenden Menschen nahe sind. Sie sollen an der Hand, nicht durch die Hand eines anderen Menschen sterben dürfen.

Der Todeswunsch eines Menschen muss unbedingt ernst genommen werden. Es sind oft schwere Schicksale und große Schmerz- und Leiderfahrungen, die einem Menschen den Lebenswillen und den Lebensmut nehmen, sodass er den Wunsch äußert zu sterben. In der Begleitung von kranken und sterbenden Menschen sowie von psychisch Kranken wäre es aber eine verführerische Alternative, hier stehen zu bleiben und den Todeswunsch einfach zu erfüllen. Oft stecken hinter dem geäußerten Todeswunsch Ängste und Sorgen, denen wir auf eine andere Weise als durch die Tötung oder Beihilfe zu Suizid begegnen müssen, z. B. die Angst vor Schmerzen, vor der Einsamkeit oder die Sorge, den Angehörigen zur Last zu fallen. Was würde aus unserer Gesellschaft, dem Gesundheits- und Sozialsystem, wenn nicht mehr die Begleitung im Leben, sondern die – unter Umständen billigere, einfachere und schnellere – Tötung eines Menschen oder die Begleitung im Suizid als Vorzeichen über der Begegnung mit kranken und verzweifelten Menschen stünde? Welchem Druck würden wir alte und schwerkranke Menschen aussetzen?

In der gesamten Debatte um Euthanasie und assistierten Suizid wird vielfach das Argument der Freiheit ins Feld geführt. Hier lohnt es sich näher hinzusehen. Die Entscheidung zum Suizid oder der Wunsch nach Sterbehilfe beruht auf einer Reihe von äußeren Faktoren und sozialen Determinanten, sodass diese nicht einfach unter dem Titel der Freiheit des Einzelnen abgehandelt werden können. Betroffene leiden in vielen Fällen gerade darunter, dass ihre Freiheit sehr eingeschränkt ist und sie oft keine Alternative mehr zum Sterben sehen. Deshalb halte ich es für entscheidend, dass wir sterbewilligen Menschen Alternativen aufzeigen, beispielsweise die Palliativmedizin oder die Sedierung im Falle von schwer erträglichen Schmerzen. Zugleich lebt Freiheit nie einfach im luftleeren Raum, sondern verwirklicht sich wesentlich im Dialog und in der gegenseitigen Verantwortung zwischen den Menschen. Nicht die Beliebigkeit, sondern die Verantwortung füreinander ist höchster Ausdruck der Freiheit.

Wir brauchen eine Richtungsentscheidung für das Leben. Ich wünsche mir, dass wir als Kirche dafür klar und deutlich einstehen. Auch politisch, aber nicht nur. Sondern vor allem auch in einer unbedingten Option für die Nähe. Kein Mensch darf allein gelassen werden, kein Hilferuf überhört werden. Es ist unsere Aufgabe als Christen, die Nähe und Liebe Gottes zu bezeugen, die auch den Tod überwindet. Indem wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, das körperliche und psychische Leiden zu lindern. Indem wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Menschen sozial einzubinden und geistlich zu begleiten. Aber auch, indem wir die Grenzen der Medizin annehmen und niemanden gegen den eigenen Willen therapieren oder aber indem Therapien abgebrochen oder unterlassen werden, wenn sie ihr Ziel nicht mehr erreichen. Jedenfalls dürfen wir niemanden für seine Entscheidungen und für sein Leid verurteilen.

b) Firmung und Sakramentenkatechese
Ich komme zum zweiten Thema, die Vorbereitung der Sakramente: Auch hier geht es darum, dass Menschen in der Gemeinschaft der Kirche Gottes Nähe erfahren. Insbesondere trifft das auf den neuen Firmweg zu, mit dessen Umsetzung in ersten Seelsorgeeinheiten schon in diesem Arbeitsjahr begonnen wird. In den vergangenen zwei Jahren wurde trotz der Pandemie intensiv am neuen Firmweg gearbeitet. Ich darf nochmals daran erinnern, dass künftig die Jugendlichen am Tag der Firmung mindestens 16 Jahre alt sind und dass der neue Firmweg mindestens ein Jahr dauert. Die Jugendlichen sollen die Möglichkeit bekommen, einen Weg zu gehen und auf dem Hintergrund der Frohbotschaft Jesu ihr Leben zu reflektieren. Besonders wichtig ist, dass sie Gemeinschaft erleben und begeisterten Menschen begegnen können.

Das Amt für Schule und Katechese hat Unterlagen für die Firmvorbereitung erarbeitet, bietet Hilfen wie Fortbildungen und Treffen an, damit dieser wertvolle und anspruchsvolle Einsatz vor Ort gelingen kann. Dennoch bleibt das Entscheidende in euren Händen: Es ist wichtig, dass ihr vor Ort von eurer Arbeit überzeugt seid, gerne mit Jugendlichen zusammenarbeitet und begeistert von unserem christlichen Glauben seid. Wenn niemand gefunden wird, der bereit ist, hier mitzuhelfen, dann wird im Grunde nicht der neue Firmweg in Frage gestellt, sondern wir als Glaubensgemeinschaft: Sind wir bereit, über unseren Glauben Rede und Antwort zu stehen? (vgl. 1 Petr 3,15) Haben wir die verschiedenen Fähigkeiten und Charismen in unserer Gemeinschaft entdeckt und gefördert?

Wenn es um die Feier der Sakramente geht, dann wird immer wieder gefragt, warum es überhaupt eine Vorbereitung auf das Sakrament braucht. Ein Sakrament ist doch ein Geschenk Gottes, das nicht an Bedingungen geknüpft werden kann: rein von hier hergesehen, wäre die Vorbereitung eine unnötige Belastung. Die Vorbereitung hat aber ein anderes Anliegen: es ist eine Zeit, um die eigene Gottesbeziehung zu vertiefen. Wir sind dabei nicht alleine gelassen, sondern von einer Gemeinschaft getragen. Die Sakramente sind Feiern unseres Glaubens. Diesen Glauben zu kennen gehört also wesentlich dazu, ist aber heute immer weniger gegeben. Immer mehr Eltern bitten aus Traditionsbewusstsein um die Taufe ihres Kindes, obwohl sie sich mit dem Glauben und vor allem mit der Gemeinschaft der Kirche schwertun. Es wird nicht mehr lange dauern, bis auch das Traditionsbewusstsein schwindet. Deshalb wollen wir die Vorbereitung auf die Sakramente wieder mehr in den Blick nehmen und sie als Chance verstehen, gestalten und ernst nehmen.

Hier ist auch unser Zusammenhalt gefragt, besonders auch der Zusammenhalt unter uns Priestern. Mit Sorge nehme ich wahr, wie manche Familien in der Nachbarpfarrei oder in irgendeiner Pfarrei anfragen, ob dort das Sakrament gefeiert werden kann, weil es dort eine kürzere oder keine Vorbereitung gibt, weil dort die Feier schneller abgewickelt wird, weil wir dort als Familie nur unter uns sind usw… Dieser „Sakramententourismus“ belastet unser Leben als Kirche, denn er spielt uns gegenseitig aus und verdunkelt das, worum es in der Feier des Sakraments geht. Daher die Aufforderung und Bitte an uns alle: Nehmen wir unsere Verantwortung für die Vorbereitung und die Feier der Sakramente wahr!

c) Schöpfungsverantwortung
Ich komme zum dritten Thema. Die Menschheit als Ganze steht vor einem nie dagewesenen Phänomen: ein markanter und rascher, ein von Menschen gemachter Klimawandel findet statt. Die Dringlichkeit dieser Krise wurde zwischenzeitlich von der Corona-Pandemie überlagert, hat sich aber in dieser kurzen Zeit nochmals gesteigert. Als Christen muss uns das nachdenklich machen.

Ist die Verantwortung für die Schöpfung, dieses „Gebot der Stunde“, ist der „Schrei der Schöpfung“ und der „Schrei der Armen“ wirklich in unseren Herzen angekommen? Es geht um die Bewahrung der Lebensgrundlagen von Millionen Menschen. Papst Franziskus hat es uns in seiner Enzyklika Laudato si’ unmissverständlich nahegelegt. Schöpfungsverantwortung ist Verantwortung für unsere Mitmenschen. Schöpfungsverantwortung ist Glaubenspraxis!

Der Papst weist darauf hin, dass es nicht um äußere Korrekturen innerhalb des vorherrschenden Lebens- und Wirtschaftsmodells geht, sondern um eine Umkehr, die den ganzen Menschen erfassen muss. Und das beginnt bei unserer Spiritualität, bei der Art und Weise wie wir uns selbst, unsere Mitmenschen, unsere Umwelt in ein größeres Ganzes einordnen und in Bezug zu Gott bringen. Es geht um das große Werk von Gottes Schöpfung und den verantwortungsvollen Umgang damit. Wer, wenn nicht wir Christen soll heute mit gutem Beispiel vorangehen?

Ich bin mir bewusst, dass auch wir als Diözese mit den vielen Gütern, die wir für unsere pastoralen Ziele verwalten, noch vieles zu tun haben. Der Beitritt der Diözese beim europäischen Klima-Bündnis ist ein Schritt auf dem Weg, den wir im Bereich der Schöpfungsverantwortung gehen wollen. Wie die Verwaltung der diözesanen Güter lade ich auch die Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen ein, jeden möglichen und manchen mutigen Schritt zu gehen. Die „Umweltfibel“ bietet hierzu viele praktische Anregungen. Darüber hinaus gibt es nun auch die Möglichkeit, zur Klima-Bündnis-Pfarrei zu werden. Informationen dazu bietet das Amt für Dialog. Entscheidend ist die Förderung einer Schöpfungsspiritualität. Im Laufe des Kirchenjahres bieten sich viele Möglichkeiten, das Thema der Schöpfung liturgisch oder in verschiedenen Besinnungsformen aufzugreifen.

4. Ein Wort des Vertrauens

​​​​​Angesichts der Herausforderungen der Klimakrise fühlen wir uns nicht selten überfordert. Wer soll das alles schaffen? Was kann ich, was kann unsere kleine Gemeinschaft schon bewirken? Nicht erst angesichts der Klimakrise, sondern auch in vielen anderen Themenbereichen kennen wir dieses Gefühl der Überforderung und manchmal sogar der Resignation. Wir sind so wenige geworden: Wie sollen wir so die Pfarrgemeinde weiterbringen? Wir wissen so wenig über die Bibel, wie sollen wir dann eine kleine Christliche Gemeinschaft aufbauen? Es ist so viel Leid und Not in der Welt: was bringt denn unser kleiner Beitrag?

Der Text aus dem ersten Korintherbrief, der uns durch diese beiden Tage der Pastoraltagung begleitet hat, legt hier eine hilfreiche Spur. Auf den ersten Blick scheint Paulus die ganze Welt und Scharen von Anhängern hinter sich zu haben, wenn er sagt: „Allen bin ich alles geworden“. Doch gleich darauf klingt die eigentliche Wirklichkeit durch: „Um auf jeden Fall einige zu retten“ (1Kor 9,22). Auch Paulus, der Völkerapostel, erreicht nicht alle. Im Gegenteil. Auch sein Wort und sein Wirken fallen oft ins Leere. Was aber entscheidend ist und von Paulus mit Nachdruck unterstrichen wird: Auch wenn es nicht in der Macht des Menschen liegt, so geht Gottes rettende Liebe doch aufs Ganze. Nicht weil er, Paulus, die Macht hätte, alle Menschen zu bekehren, sondern, weil die Verheißung Christi allen Menschen gilt, versucht er „allen alles zu werden“. Paulus sucht die Nähe zu den Menschen, sucht sie auf, geht ihnen nach, wo sie sind und wie sie sind, im realistischen Wissen, dass er nur einige von ihnen erreichen wird. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens und der große Lehrmeister der Exerzitien,  hat diese Haltung im folgenden geistlichen Rat zusammengefasst: „Vertraue so auf Gott, als ob du nichts, Gott allein alles tun werde; wende dennoch dabei alle Mühe so an, als ob der Erfolg der Dinge ganz von dir und nicht von Gott abhinge“.

5. Dank

Lieber Generalvikar Eugen, liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst, liebe Ordensleute, liebe Mitarbeitenden in den verschiedenen Bereichen der Seelsorge, ich bitte darum, dass wir den Weg gemeinsam weitergehen – unter dem Wort Gottes und auch untereinander verbunden durch einen gläubigen und konstruktiven Dialog.

Mein ganz besonderer Dank gilt allen, die am Beginn dieses neuen Arbeitsjahres einen Auftrag oder einen Dienst abgegeben und zurückgelegt haben und allen, die eine neue Aufgabe übernommen haben. Meine Wertschätzung gilt allen älteren Priestern, die immer noch bereit sind, mit ihren Möglichkeiten in der Seelsorge mitzuarbeiten. Die Liste der Personalveränderungen ist in diesem Jahr wieder sehr lang. Hinter der Liste stehen konkrete Menschen, Anliegen, Notwendigkeiten und gerade auch bei Personalveränderungen erleben wir in unserer Diözese eine immer größere Not und Verletzlichkeit. Vergelt´s Gott für die Bereitschaft gemeinsam Mühen, Lasten und offene Fragen auszuhalten und zu tragen. Einen aufrichtigen, herzlichen Dank spreche ich Generalvikar Eugen Runggaldier und seinen Assistenten Mario Gretter und Josef Knapp aus. Dem neuen Assistenten des Generalvikars, Regens Markus Moling, wünsche ich viel Freude und Fingerspitzengefühl für diese Aufgabe und bei der Begleitung unserer Seminaristen. Ich bin froh, dass das neue Seminarprojekt mit 12 Priesteramtskandidaten aus Indien und Tansania im vergangenen April gestartet ist und ich bin dankbar, dass es von vielen mitgetragen wird.

Mein Dank gilt im Rahmen dieser Pastoraltagung dem Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz und allen anderen Mitarbeitenden im Bischöflichen Ordinariat und Sekretariat. Von Herzen danke ich allen, die in der Pfarrseelsorge und in den verschiedenen Bereichen der Seelsorge in unserer Diözese Verantwortung tragen oder dort als Priester und Laien mitarbeiten. Es braucht uns alle – und es braucht uns gemeinsam! Wir brauchen einander, dass wir uns gegenseitig stützen, helfen und zur Seite stehen und dass wir gemeinsam den Weg weitergehen unter den heutigen Bedingungen.

Vergelt´s Gott auch für das viele Wohlwollen, das viele von euch mir entgegenbringen und zeigen. Dass ich bereits seit 10 Jahren „mit euch Christ und für euch Bischof“ (Augustinus) sein kann, erfüllt mich mit Dankbarkeit und mit Freude – trotz aller offenen Fragen, Herausforderungen und Baustellen, die ich heute viel deutlicher erkenne und erlebe als damals, am 9. Oktober 2011. Persönlich hat mir in diesen zurückliegenden 10 Jahren mein bischöfliches Leitwort Mut, Überzeugung und eine große Entlastung geschenkt. „Tu es Christus“. Um dich, Christus, geht es. Es ist deine Kirche, nicht die meine! Mein Leitwort ist in den vergangenen 10 Jahren für mich immer mehr zu einem hoffnungsvollen Gebet geworden. Weil Jesus von Nazareth der Christus ist, bin ich mit hoffnungsvoller Freude Christ, Priester und Bischof.

„Auf dein Wort hin… nahe und gemeinsam.“ Auch wir dürfen mit demselben Vertrauen eines Paulus auf die Verheißung Gottes antworten. Gottes tröstende und rettende Liebe ist allen Menschen unwiderruflich zugesagt. Wir sollen und dürfen Boten seiner Nähe sein, am Ort und in der Zeit, in die uns Gott gestellt hat. Auch wenn wir stets nur klein und menschlich handeln und all unser Tun stets Stückwerk bleibt, so bleibt dennoch die Verheißung, dass Gott selbst immer dort am Werk ist, wo dies aus Liebe geschieht (vgl. 1 Kor 13). Dann ist auch die kleinste und unscheinbarste Tat erfüllt von Ewigkeit. Dann dürfen wir klein und unvollkommen sein und doch gerade so mit Maria die Größe des Herrn preisen, der die Niedrigen erhöht und die Hungernden mit seinen Gaben beschenkt (vgl. Lk 1, 46-55). 

Giulan, De gra, un sentito e cordiale grazie, vergelt´s Gott!

 

[1] Günter Virt, Interview in den Salzburger Nachrichten, 3. Oktober 2020.