Der synodale Weg Italiens steht in seinem zweiten Jahr und nähert sich somit den ersten richtungsweisenden Entscheidungen. Während im ersten und im zweiten, aktuell laufenden Jahr, das Zuhören im Vordergrund stand, sollen ab Herbst die priorisierten Themen und Fragestellungen auf den Tisch kommen. Nicht wenige Personen, auch in unserer Diözese, fragen sich, was es mit dieser langen Zeit des Hinhörens auf sich hat: liegen die Fragestellungen nicht lange schon in aller Deutlichkeit auf dem Tisch? Das Treffen der Diözesanreferenten hat gezeigt, dass es in der langen Phase des Zuhörens nicht nur um Inhalte geht, sondern vor allem um das Einüben einer Methode, die für den weiteren Verlauf des synodalen Weges entscheidend sein wird. Sobald die Themen auf dem Tisch liegen, wird es weniger darum gehen, Interessensgruppen zu bilden und Positionen zu verteidigen, sondern genau hinzuschauen und hinzuhören, wo sich in der gelebten Praxis der Kirche bereits Wege eröffnen und Fragen klären.
Beispielsweise wurde immer wieder betont, dass die Rolle der Frauen in der Kirche eines der zentralen, unumgänglichen Themen sei. Hier kann es nicht nur darum gehen, theoretische Positionen und Forderungen von Interessengruppen zu debattieren und Mehrheiten zu finden. Vielmehr muss es darum gehen, konkret hinzuhören und wahrzunehmen, was Gottes Geist durch die Frauen in der Kirche bereits bewirkt und welche nächsten Schritte sich daraus ergeben.
Paola Cecarini und Reinhard Demetz wurden als Referenten der mehrsprachigen Grenzdiözese Bozen-Brixen immer wieder auch auf den synodalen Weg deutschen Kirche angesprochen. Dieser trifft in Italien teilweise auf Unverständnis. Häufig ist der Erfahrungshintergrund der deutschen Kirche nicht ausreichend bekannt: die seit Jahrzehnten gelebte synodale Tradition – praktisch jedes Bistum hatte in den letzten Dekaden einen synodalen Weg oder eine Synode; die praktischen Erfahrungen mit der Beteiligung von Laien auf allen Ebenen der Kirche in vielen, in Italien noch unvorstellbaren Rollen; nicht zuletzt die tiefe Wunde der Missbrauchsskandale. Auf diesem Hintergrund werden die Unterschiede verständlich und ein gegenseitiges Lernen wird möglich. Vielleicht – so Mons. Valentino Bulgarelli in seiner Einführung – muss die Kirche in Italien noch lernen, kritischer zu sein.
Kritisch haben viele Teilnehmende auch die aktuelle Unklarheit über die Entscheidungswege im italienischen synodalen Weg wahrgenommen. Während viel von einem gemeinsamen Weg der Unterscheidung und der Reform geredet wird, ist aktuell noch unklar, auf welcher Ebene, durch welche Instanzen und mit welchen Methoden schlussendlich die Entscheidungen fallen werden.Auch die Delegation der Diözese Bozen-Brixen hat sich diesbezüglich zu Wort gemeldet und um eine transparente Klärung der Entscheidungswege gebeten.
Ein angenehmer und seiner nicht zu unterschätzende Aspekt des synodalen Weges ist bereits jetzt, dass ein dichtes Netz von Kontakten quer über ganz Italien entsteht, das auch weit über den synodalen Weg hinaus seine Wirkung entfalten wird.