Ich bin über das Wort „müde“ gestolpert, denn ich ertappe mich, immer wieder einmal müde zu sein: müde wegen der Pandemie, der Einschränkungen, müde der Ungerechtigkeiten und auch der ständigen Lästerungen. Deshalb gefällt mir diese Einladung des hl. Paulus aus dem Galaterbrief besonders gut: Lasst uns nicht müde werden… Er scheint, dieses Gefühl zu kennen und zu verstehen, ermutigt aber, es zu überwinden. Und er fügt hinzu: Gutes tun. Wir sollen nicht nur die Müdigkeit ablegen, sondern wir sollen sogar aktiv werden und Gutes tun.
Ein bekannter Priester schreibt in einem Brief an missio: „Die natürliche Gabe der Vögel ist zu fliegen, jene der Fische zu schwimmen und jene der Menschen zu lieben. Gott hat uns alle ins Leben gerufen, um zu lieben.“ Und die Liebe drückt sich in guten Werken aus. Die Evangelien dieser Fastenzeit helfen uns, das zu meditieren: Wir sollen Gott lieben und unsere Freiheit nicht an den Versucher verkaufen, wir sollen ein offenes Auge haben, andere aufrichten, verzeihen, barmherzig sein, ein gutes Klima schaffen usw. Gute Werke bringen gute Früchte – aber nicht immer sofort. Wenn wir bei Galater 6,9 weiterlesen, spricht Paulus vom Ernten, aber erst sobald die Zeit gekommen ist. Wir müssen abwarten, dass die Samen aufgehen, Regen kommt, alles wächst und irgendwann die Früchte reifen.
Im Kontakt mit den Missionaren in den Ländern des Südens erleben wir dies Jahr für Jahr. So viele Projekte werden „geschmiedet“, in langer Vorarbeit ausgearbeitet, vorbereitet, überdacht und dann verschickt – erst nach dem Prüfen, Begutachten und Genehmigen, werden sie finanziert. Realisieren, Durchführen und Fertigstellen brauchen wieder viel Zeit, aber am Ende sind die Früchte da: Kinder können zur Schule gehen, Dörfer bekommen Krankenstationen oder eine Außenstelle einer Pfarrei bekommt endlich eine Kirche, in der sich die Menschen treffen und miteinander beten, singen, feiern und Mahl halten können. Solche Kapellen sind das Zentrum, das Herz und das Leben einer Gemeinschaft.
Im letzten Jahr konnten mit der Sammlung des Fastenopfers wieder 38 Projekte um ganze 316.941,12 Euro realisiert werden. Die Statistik finden Sie im Anhang – die strahlenden Gesichter, die glücklichen Herzen und die dankbaren, betenden Hände einiger begünstigter Kinder, Jugendlicher, Studenten, Erwachsenen, Menschen mit Beeinträchtigungen und Großeltern finden Sie auf dem Plakat. Sie alle sagen einfach DANKE.
Für die heurige Fastenaktion möchte ich vor allem auf die Situation der Schüler in den Missionsländern aufmerksam machen. Die Schulen waren wegen der Pandemie in vielen Ländern geschlossen und können nun endlich wieder geöffnet werden. Aber die Schüler stehen vor großen Herausforderungen. Sie müssen trotz der ärmer gewordenen Familien das Schulgeld bezahlen. Wir haben mehrere Anfragen erhalten, um den Schülern das Schulgeld zu bezahlen und ihnen den Schulbesuch zu ermöglichen.
Ich bitte Sie, auch in der heurigen Fastenzeit die Gläubigen für die Not der Armen zu sensibilisieren, sie auf unsere Verantwortung auch für die Welt hinzuweisen und sie zu bitten, sich ihrer anzunehmen – wir sind eine große, solidarische Glaubensgemeinschaft, die überall auf der Welt, Brüder und Schwestern hat.
Herzlichen Dank und mit dankbaren Grüßen
Dr. Irene Obexer Fortin, Leiterin von Missio Bozen-Brixen