Liebe Ehefrau Veronika, liebe Kinder, liebe Eltern und Geschwister, liebe Angehörige und Freunde von Martin, liebe Mitbrüder im priesterlichen Dienst, liebe Diakone, liebe Pfarrgemeinde von Kastelruth, liebe festlich gestimmte Glaubensgemeinschaft, lieber Weihekandidat Martin!
„Wir wollen nicht das Himmelreich – wir wollen das Erdenreich!“ – sagte polemisch Friedrich Nietzsche. Hier und jetzt soll unser Leben gelingen, hier und jetzt wollen wir glücklich sein. Und wenn Menschen dennoch den Glauben an eine andere Welt und die Hoffnung auf den Himmel hochhalten, dann ist das Wirklichkeitsverlust, unverantwortliche Vertröstung und Weltflucht.
Der Himmel hat die Erde berührt – diese Hoffnung halten gläubige Menschen in dieser Welt lebendig. Christen und Christinnen glauben an die Brücke vom Himmel zur Erde und von der Erde zurück in den Himmel. Und diese Brücke hat einen Namen: Jesus Christus. Er hat den Himmel „geerdet“: Gott im Menschen und der Mensch in Gott. Nicht wir schaffen den „Himmel auf Erden“; wir können uns aber dem Himmel öffnen, der dort beginnt, wo wir IHN in unsere Welt einlassen.
Christi Himmelfahrt, einer der ältesten Festtage des Kirchenjahres, will uns im Schauen auf Jesus diese Hoffnung schenken: Mensch, dein Leben hat Ewigkeitswert! Menschliches Leben, menschliche Erfahrungen, menschliches Hoffen, Suchen, Ringen, Fragen und Leiden und sogar menschliches Sterben bekommen durch Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, eine Perspektive und ein Ziel. Wir sind nicht einfach in diese Welt Geworfene und zu diesem Leben Verurteilte. Über unserem Leben steht kein grausames und anonymes Schicksal; unsere Zukunft steht nicht in den Sternen; der Zug unseres Lebens fährt nicht auf ein dunkles Nirgendwo zu. Wir sind geschaffen für den Himmel! Diese Welt mit all ihren Schönheiten, Aufgaben, Angeboten und Werten ist nicht die letzte Bestimmung des Menschen. Wir brauchen mehr, weil wir mehr sind!
Christi Himmelfahrt gibt uns dann aber mit diesem Blick zum Himmel auch einen Auftrag für diese unsere Erde. In der Himmelfahrtserzählung aus der Apostelgeschichte heißt es heute: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ (Apg 1,11) Und: „Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,8).
Der Blick zum Himmel will uns zu Zeugen machen – Zeugen und Zeuginnen für den Himmel, der unsere Erde, und damit unser Leben, berührt und betrifft! Wer mit dem Blick zum Himmel lebt, für den relativieren sich viele Dinge. „Relativieren“ heißt: in Beziehung bringen. Erfolg, Besitz, Karriere, aber auch Gesundheit, langes Leben oder menschliche Freundschaft sind nicht „absolute“ Werte. Dieser Blick macht gelassener, realistischer und nimmt auch die Angst, etwas zu versäumen und zu kurz zu kommen.
Lieber Martin, du wirst an diesem Hochfest Christi Himmelfahrt durch die Auflegung meiner Hände und durch das anschließende Weihegebet in den sakramentalen Dienst der Kirche hineingenommen. Ein Zeuge sollst du sein - im Namen der Kirche, die heute durch mich deine Berufung anerkennt und dich sendet!
Ich werde dir das Evangelienbuch in die Hand geben und dabei sagen: "Was du liest, ergreife im Glauben. Was du glaubst, das verkünde. Was du verkündest, erfülle im Leben". Ich wünsche dir ein sensibles, hörendes Herz für das Wort der Heiligen Schrift, durch das Gott sein Gespräch mit uns Menschen führen will. Gib IHM in deinem Leben dein Ohr. Dann wirst du das Ohr auch bei den Menschen haben und immer mehr hineinwachsen in das, was du heute durch die Weihe wirst: Diakon, ein Diener Jesu, im Auftrag seiner Kirche, an der Seite der Menschen.
Du sollst in Jesu Namen die Taufe spenden. Du darfst Menschen in der Feier der Eucharistie den Leib und das Blut des Herrn reichen und Christus in seinem Sakrament zu den Kranken bringen. Du darfst den Bund der Ehe segnen. Im Namen und im Auftrag der Kirche darfst du Segenshandlungen vollziehen. Du sollst Menschen betend auf ihrem letzten irdischen Weg begleiten.
Eine Frage, die ich dir gleich stellen werde, lege ich dir besonders ans Herz: „Bist du bereit, den Armen und Kranken beizustehen, Heimatlosen und Notleidenden zu helfen?“ Im Dienst der christlichen Caritas setzt sich fort, was du tust, wenn du den Gläubigen den Leib und das Blut des Herrn reichst. Diakonaler Dienst darf sich nicht nur beschränken auf den Dienst eines Diakons in der Liturgie, sondern muss sich ausdrücken im „Dienst an den Tischen“, der – gleich nach dem ersten Pfingstfest – den ersten sieben Diakonen in Jerusalem von den Aposteln übertragen wurde. Das heißt: Lieber Martin, du musst die Menschen mögen; die Menschen mit ihren Fragen, Sorgen, Erfahrungen, Hoffnungen und Freuden, mit ihrem Glauben und ihren Zweifeln müssen dir immer wichtig sein. Und vergiss nie: Im Sakrament der Weihe geht es nicht um eine persönliche Auszeichnung und nicht um persönliche Selbstverwirklichung, sondern um eine kirchliche Berufung zum Dienst an den Menschen im Namen Jesu.
Lieber Martin, lebe deine Berufung als Ständiger Diakon im Kontext deiner Ehe und Familie. Lege das Zeugnis ab, dass die Ehe heilig ist, dass die Familie zu den großen Menschheitsgütern gehört und bringe deine Erfahrung als Ehemann und Vater, aber auch deinen Beruf und deine Begeisterung für den Sport, in deinen diakonalen Dienst ein.
Liebe Festgemeinschaft, Diakone sind keine Ersatzpriester in Zeiten des Priestermangels; und sie sollen auch niemand sonst ersetzen in Zeiten eines großen Gläubigenmangels! Diakone sind e i n sakramentales Zeichen, e i n e sakramentale Lebensäußerung für unsere Kirche in der Nachfolge und im Auftrag Jesu, der im Geheimnis seiner Menschwerdung d e r „Diakon“ geworden ist, der Diener aller, bis in den Abgrund seines Kreuzes.
Die Kirche braucht solche Person gewordene Zeichen! Wir brauchen eine Kirche, die sich im Namen Jesu auf die Seite der Menschen stellt. Die Weihe, die ich heute Martin spenden darf, erinnert mich, die anwesenden Priester und Diakone, seine Familie, seine Pfarrgemeinde hier in Kastelruth, uns alle daran, dass das Dienen ein Kennzeichen unseres Lebens sein muss. Darüber zu reden ist leicht, und noch angenehmer ist es, dieses Dienen von den anderen zu fordern und zu erwarten. Beurteilt werden wir aber alle nach unserem Tun.
Ein Gebet aus dem 14. Jahrhundert bringt den Auftrag von Christi Himmelfahrt und das Sakrament, das Martin jetzt empfängt, auf den Punkt: „Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um heute seine Arbeit zu tun. Christus hat keine Füße, nur unsere Füße, um heute zu den Menschen zu gehen. Christus hat keinen Mund, nur unseren Mund, um heute den Menschen seine Wahrheit zu sagen. Wir sind die einzige Bibel, in der die Öffentlichkeit noch liest: Gottes letzte Botschaft, in Worten und Taten geschrieben“.