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Predigten

Tag der Arbeit – Gedenktag des hl. Josef des Arbeiters

Bischof Ivo Muser

Bozner Dom, 1. Mai 2020

Den 1. Mai, der in einem großen Teil der Staaten der Welt als Tag der Arbeit begangen wird, hat Papst Pius XII. 1955 zum Gedenktag des heiligen Josef des Arbeiters bestimmt. In der Arbeit soll deutlich werden, dass der Mensch, indem er die Kraft seines Körpers und seines Geistes einsetzt, sein eigenes Leben verwirklicht, seine Persönlichkeit entfaltet und seinen Beitrag leistet zur Gestaltung der Gesellschaft, in der er lebt. In der Lesung aus dem Kolosserbrief hat es sogar geheißen: „Tut eure Arbeit gern, als sei sie für den Herrn und nicht für die Menschen“ (Kol 3,23).

An diesem Tag der Arbeit erinnere ich an zwei Prinzipien der christlichen Soziallehre, die auch in dieser schwierigen Zeit der Coronakrise zwei Leitprinzipien sein können: das Prinzip der Solidarität und das Prinzip der Subsidiarität.

„Solidarität“, kann mit dem Motto umschrieben werden: „Alle für einen, einer für alle“. Dahinter stehen die zum Teil schmerzlichen und erniedrigenden Erfahrungen der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts: Man muss zusammenhalten, um etwas zu erreichen! Man ist „in solidum“ füreinander verantwortlich. Und nur „in solidum“, gemeinsam, können wir nicht übergangen werden.

Solidarität im persönlichen, sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Alltag ist nicht Theorie, sondern konkretes Tun! Der Schlüssel dazu liegt in der Einsicht, dass wir in den meisten Belangen des Lebens voneinander abhängig sind. Damit steht Solidarität jeder Form egoistischer Selbstfindung, Selbstverwirklichung und Selbstbewahrung entgegen. Solidarisch sein heißt füreinander einstehen. Grundform der Solidarität ist die Bereitschaft zum Teilen. Nicht Schlagworte wie "Wir zuerst" machen unsere Welt besser, sondern die Überzeugung: Wir brauchen einander. Nur gemeinsam mit den anderen wird das eigene Leben gelingen.

Es muss aber noch ein zweites Prinzip hinzukommen, nämlich das Subsidiaritätsprinzip.

Dieses Prinzip ist eine Folge des Vorrangs der Person vor den Strukturen und wurde von Papst Pius XI. im Jahre 1931 zum ersten Mal ausführlich formuliert. Man kann dieses Prinzip als ethisches Korrektiv zu den totalitären Systemen, insbesondere des Faschismus, des Nationalsozialismus und des Kommunismus im 20. Jahrhundert verstehen.

Ich möchte dieses Prinzip so formulieren: Mut zur Eigenverantwortung und zur Eigeninitiative! Das heißt: Jeder und jede soll und muss das beitragen, was ein jeder und eine jede tun kann. Jede Struktur muss zuerst einmal das leisten, was sie leisten kann und wofür sie zuständig ist; angefangen von der Familie, bis zu den Verbänden und Gemeinden; und sie hat dafür einen Anspruch auf Hilfe, auf ein „subsidium“, weil sie ungemein kostengünstiger und auch effizienter arbeitet.

Possano solidarietà e sussidiarietà restare le idee guida vincolanti e unificanti per un’economia che cerca di fornire il suo contributo importante e irrinunciabile nella difficile fase che ci aspetta.

Noi abbiamo bisogno di questi principi guida: la dignità umana prima di ogni forma di produttività. Libertà della persona, equità retributiva, diritto dei collaboratori e delle collaboratrici alla compartecipazione e codecisione. Le leggi del mercato, della redditività, dell’efficienza, dell’incremento dei profitti, che sicuramente sono legittime, non possono essere gli unici criteri e soprattutto non possono diventare indipendenti o assoluti. Il capitale deve essere al servizio delle persone e non viceversa.   

Le radici e i valori cristiani hanno un grande significato e legame per le nostre famiglie, per la società, l’economia e la convivenza, non da ultimo anche nella nostra terra e nella sua storia concreta, con la sua vocazione ad essere un ponte tra gruppi linguistici e aree culturali diverse.

Alla luce del concetto cristiano di Dio e dell’uomo, nell’odierna Festa del lavoro, esorto tutti noi a ricordare questo: l’essere della persona viene prima del fare e prima dell’avere! È necessario un profondo rispetto della persona e della sua dignità, e ciò vale per ogni uomo. Poniamoci in modo critico verso una mentalità che si lascia guidare da una pressione impietosa: sempre più, sempre più veloce, sempre più avanti, sempre più in alto, sempre più ricco, sempre più orientato al guadagno, sempre più perfetto! E non dimentichiamo mai ai vari livelli del mercato, dell’economia, dello Stato, della Provincia e dell’intera società civile: non di solo pane vive l’uomo!

Die Coronakrise und ihre Folgen kann uns Entschleunigung lernen und uns helfen, unsere Lebenseinstellung und auch unsere vorherrschenden Leitprinzipien in vielen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens zu überdenken.

 

"Weniger wollen" schärft den Blick für das Wesentliche und für das Viele, das wir immer noch haben – und macht uns dankbarer. Ein ganz konkretes Zeichen dieser Entschleunigung könnte der Einsatz für den freien Sonntag sein, mit seinen familiären, kulturellen, religiösen Chancen. Alle Zeiten dem Profit und dem Konsum zu unterwerfen, tut uns Menschen wirklich nicht gut. Deswegen halte ich es gerade an diesem Tag, der die Würde und die Bedeutung der Arbeit unterstreicht, für so wichtig, auch für das einzutreten, was keinen materiellen Profit bringt: für die freie, gemeinsame Zeit, für unsere Festtage, und allem voran für den Sonntag.

Nella Festa dedicata a chi lavora, e in particolare in questo tempo difficile, esprimo la mia vicinanza a tutte le persone impegnate per un futuro dignitoso del proprio lavoro e della propria impresa, che sono il sostegno delle famiglie e della promozione sociale del nostro territorio.

In questo passaggio delicato della Fase 2 e della possibile ripartenza, confidiamo che le istituzioni locali, provinciali e statali prendano a cuore le richieste di chi si sforza ogni giorno di rendere viva la nostra comunità, sempre rispettando tutte le regole di sicurezza e salute. Unendo le forze in un gioco di squadra, si potrà fare molto per il bene comune: per conservare le attività economiche e lavorative esistenti e per creare anche nuove opportunità, capaci di promuovere un lavoro sempre più sostenibile e sempre meno precario, soprattutto per i nostri giovani.

Bitten wir heute den hl. Josef um seine Fürsprache für alle arbeitenden Menschen: Dass es unter uns gerechte Arbeits- und Lohnverhältnisse gibt; dass wir aber auch nie vergessen, dass das Sein des Menschen vor dem Arbeiten und vor dem Leisten kommt. Wir leben nicht um zu arbeiten, sondern wir arbeiten um zu leben! Der Mensch ist und braucht viel mehr als nur Effizienz, Produktivität, Profit und Aktivität.