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Predigten

25 Jahre "Musik und Kirche"

„Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt“ - diese Antwort Jesu hat es zu einem geflügelten Wort gebracht. Jemand hat einmal gesagt: „Der Geldbeutel ist das sensibelste Organ des Menschen.“ Und wir kennen auch die Redewendung: „Beim Geld hört die Freundschaft auf.“ Hier erahnen wir, worum es Jesus im heutigen Evangelium geht. Er ist nicht gegen das Geld und den Besitz, die als Mittel für einen sinnvollen und lebensfördernden Zweck gebraucht und eingesetzt werden. Die Schieflage entsteht dort, wo Geld und Besitz nicht mehr Mittel, sondern Inhalt und Ziel sind. Jesus wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen jene Haltung, die wir zum Ausdruck bringen mit dem Sprichwort: „Geld regiert die Welt.“ Hier setzt Jesus an. Hier will er den jungen Mann im heutigen Evangelium gewinnen, von dem es ausdrücklich heißt: „weil er ihn liebte“. Hier will er uns ansprechen – mit aller Klarheit und Entschiedenheit: Wer ihm folgen will, muss der Regierung des Geldes das Vertrauen entziehen. Und die große, lebenslange Herausforderung besteht wohl darin, dass diese Regierung des Geldes nicht irgendwo, in einer weit entfernten Hauptstadt ihren Sitz hat, sondern in der innersten Zelle der eigenen Persönlichkeit, des eigenen Ichs. „Wem gehört dein Herz?“ – das ist die entscheidende Frage, um die es in der Begegnung zwischen dem jungen Mann und Jesus geht. Das ist eine entscheidende Frage, die das ganze Evangelium durchzieht. Das diesjährige Symposium von „Musik und Kirche“ stand heuer zum 25Jahrjubiläum unter dem Leitwort: „Sehnsucht nach Gott – Eine mystisch-musikalische Reise zu Religionen“. Auf dem Hintergrund dieses Symposiums, dürfen wir die wichtige Frage, die das heutige Evangelium aufwirft, auch so formulieren: „Wem gilt deine Sehnsucht? Worauf richtest du deine Sehnsucht?“ Es gehört zu einer verbindenden Menschheitserfahrung, dass gerade auch Musik und Religion die Sehnsucht des Menschen beflügeln und orientieren können. Ohne Musik wäre menschliches Leben und Zusammenleben ärmer und kälter. Musik verbindet und überschreitet Grenzen. Musik hilft das Leben deuten – in der Freude und genauso im Leid. Musik hat die Fähigkeit das auszudrücken, wo Worte allein nicht mehr greifen. Wie oft können gerade vertraute und liebgewordene Melodien uns durch das Leben begleiten und uns so ein Stück Heimat schenken. Und viele Menschen könnten davon erzählen, dass sie durch Musik ein Stück innere Heimat erleben konnten, auch wenn ihnen die äußere genommen wurde. Religion bedeutet ganz wörtlich: die Sehnsucht und die Fähigkeit des Menschen, sich anzubinden, sich zurück zu binden, sich dort fest zu machen, wo das Leben Halt, Orientierung und ein Ziel bekommt. In allen Religionen gibt es „Wahres und Heiliges“, wie das II. Vatikanische Konzil es ausdrückt. Und es hängt heute viel für die ganze Menschheit davon ab, ob die Religionen imstande sind, einander mit Respekt und vor allem gewaltfrei zu begegnen. Wirklich gläubige Menschen werden nie das gering schätzen, verachten oder lächerlich machen, was anderen heilig ist. Und ich kann Menschen einer anderen Religion achten, ja sogar von ihnen lernen, auch wenn ich ihre Glaubensüberzeugung nicht teilen kann. Das Herzstück des christlichen Glaubens ist nicht eine Idee, eine Theorie, eine Struktur oder eine Institution, sondern eine Person: JESUS CHRISTUS. Die christliche Sehnsucht vertraut sich dieser Person an; denn in dieser Person begegnet uns Gott selber. „Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir.“ Mit diesen Worten beschreibt der heilige Augustinus die tiefe Sehnsucht des Menschen nach Gott. Der Mensch kann nur dann wirklich glücklich werden, wenn es ihm gelingt, Gott zu begegnen. Gott allein schenkt dem menschlichen Leben tiefen Sinn, der auch durch die Brüche des Lebens hindurch bestehen bleibt. Und Thomas von Aquin, einer der größten Philosophen und Theologen, die das Christentum hervorgebracht hat, spricht von einem dem Menschen innewohnendem Streben, das auf das Unendliche ausgerichtet ist. Dieser „appetitus ad infinitum“, diese Sehnsucht ist so groß, dass sie nur durch Gott gestillt werden kann. „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ – so fragt der junge Mann im heutigen Evangelium. „Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben“ – so antwortet Jesus ihm und uns. Ich wage es, dieses Wort des Herrn so zu übersetzen: Klammere dich nicht an Besitz – in welcher Form auch immer. Sei bereit das, was du hast und was dir geschenkt ist, zu teilen und mitzuteilen. Gebrauche die vergänglichen Güter so, dass du die ewigen nicht verlierst. Verlier dein Herz nicht an das Vorläufige. Halte in dir die Sehnsucht nach der endgültigen Heimat wach, für die du geschaffen bist. Und wenn es dir geschenkt ist: Lass dich in deiner Sehnsucht begleiten von der Schönheit der Musik und von der großen Hoffnung des Glaubens.