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Predigten

Gedenkgottesdienst für Silvius Magnago (15. Todestag)

Bischof Ivo Muser

Bozner Dom

Sonntag, 25. Mai 2025

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, geehrte Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens, stimate autorità e cara comunità, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, fredesc y sorus!

„Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh 14,27). Dieses Wort Jesu aus seinen Abschiedsreden, das wir jetzt im Evangelium gehört haben, ist Zusage und Aufgabe zugleich. An diesem Wort müssen sich alle orientieren, die zu Jesus gehören wollen. 

„Der Friede sei mit euch allen!“ Mit diesem Gruß trat der neue Papst Leo XIV. auf die Mittelloggia des Petersdoms. Und er sagte weiter: „Ich wünsche mir, dass dieser Friedensgruß in eure Herzen eingeht, eure Familien erreicht, alle Menschen, wo immer sie auch sind, alle Völker, die ganze Erde. Der Friede sei mit euch! Dies ist der Friede des auferstandenen Christus, ein unbewaffneter und entwaffnender Friede, demütig und beharrlich. Er kommt von Gott, dem Gott, der uns alle bedingungslos liebt.“ Das war sein erstes Wort als neuer Nachfolger des Apostels Petrus – genau am 8. Mai, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Wir gedenken bei diesem Gottesdienst eines Mannes, der unser Land geprägt hat wie nur wenige: Silvius Magnago – Politiker, Brückenbauer, Südtiroler mit Herz und Haltung.

Er war ein Mann des Maßes – und ein Mann mit Maßstäben. Und dieses Maß zeigte sich nicht nur in seinen Überzeugungen, sondern auch in seiner äußeren Erscheinung: schlank, fast asketisch, gezeichnet vom Krieg, in dem er ein Bein verlor – und doch standhaft, unbeirrbar. Ein Mann, der mit innerer Klarheit und äußerer Bescheidenheit ein ganzes Land prägte. Maß halten, Verantwortung tragen, nicht sich selbst ins Zentrum stellen, sondern die Gemeinschaft: Das war seine Haltung.

Seine politische Arbeit war geprägt von Beharrlichkeit, Tiefgang und Überzeugung. Wer ihn erlebt hat, erinnert sich an seine überlegte Art. Und an eine Form der politischen Kultur, die sich durch Substanz auszeichnete. Magnago war keiner, der auf kurzfristige Zustimmung aus war. Er dachte in Generationen, nicht in Wahlperioden. Vielleicht liegt gerade darin ein Grund, warum er bis heute Vertrauen ausstrahlt – über Parteigrenzen und Generationen hinweg.

La pace nella nostra terra, l'identità culturale, la libertà individuale, la convivenza dei diversi gruppi linguistici – tutto questo per lui non era un valore astratto, ma un compito concreto. Ha affrontato questo compito con saggezza, coerenza e pazienza. Non per un semplice senso del dovere, ma perché era profondamente convinto che la politica debba servire l'essere umano.

Dopo l’entrata in vigore del Secondo Statuto di Autonomia, Magnago non lasciò dubbi: con questo passo politico nulla era concluso – anzi, iniziava ora il vero lavoro. Non aveva un tono trionfale, ma il realismo di un uomo che sapeva che la vera azione politica non raggiunge mai una meta definitiva, ma rimane sempre un cammino – un cammino di dialogo, di confronto, anche di tolleranza. In politica non ci sono risposte ultime, ma solo penultime. Un atteggiamento che oggi è tanto attuale quanto lo era allora.

Silvius Magnago hat diesen Weg mit Hartnäckigkeit verfolgt, aber nie um den Preis der Verständigung. Ausgleich und Prinzipientreue – das war kein Widerspruch für ihn, sondern notwendige Spannung im politischen Dienst. Er wusste: Ein Kompromiss ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein. Und dass ein gerechter Friede nur dann gelingt, wenn er in den Herzen der Menschen ankommt. Das war seine große politische Kunst: klare Linien zu ziehen und dennoch Türen offen zu halten. Dass wir heute in einem Südtirol leben, das Modell sein darf für friedliches Zusammenleben in Vielfalt, verdanken wir auch seinem politischen Augenmaß und seinem Mut zur Geduld.

Magnago hat nie die Verantwortung für das Ganze aus dem Blick verloren. Diese Haltung braucht es auch heute: in der Politik, in der Gesellschaft, in der Kirche. Ein neues Miteinander wächst nicht durch Polarisierung, sondern durch Geduld, Gesprächsbereitschaft und das ehrliche Ringen um gemeinsame Wege.

Silvius Magnago hat unser Land nicht nur verwaltet – er hat ihm Richtung gegeben. Autonomie war für ihn nie bloß ein juristisches Regelwerk, sondern gelebte Verantwortung. Was er angestoßen hat, bleibt Aufgabe für uns alle: die politische Kultur in unserem Land im Geist der Verständigung weiterzutragen, den Dialog zu suchen und das Gemeinwohl über persönliche Interessen zu stellen.

Heute geht es nicht nur um das Erinnern. Es geht um unseren Auftrag – in der Spur des Evangeliums. Denn jede Generation steht neu vor der Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen, Ausgleich zu suchen, aufeinander zuzugehen – in der Familie, in der Gesellschaft, im öffentlichen Leben, in der Kirche.

Lassen wir uns persönlich treffen vom Wort Jesu: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch“ (Joh 14,27).