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Predigten

Hochfest der Diözesanpatrone Kassian und Vigilius 2025

Bischof Ivo Muser

Sonntag, 10. August 2025 (vorverlegt)

Brixen, Pfarrkirche St. Michael

Hier in Brixen wird auch in Zukunft der Kassianssonntag das Hauptfest unserer Diözesanpatrone Kassian und Vigilius bleiben, verbunden mit der Kassiansprozession, die es seit dem Jahre 1704 gibt. In unserer gesamten Diözese wird aber seit drei Jahren das Fest unserer Diözesanpatrone am 13. August gefeiert. Und um die Bedeutung dieses Anlasses zu unterstreichen, feiern wir schon heute, an diesem Sonntag, dieses Hochfest unserer Ortskirche.

Den heiligen Kassian, von Anfang an Patron der Bischofskirche von Säben und Brixen, erkennen wir an den Griffeln, die an die grausame Art seines Martyriums erinnern: Er wurde um das Jahr 304 in der Stadt Imola von seinen eigenen Schülern umgebracht. Den heiligen Vigilius, von Anfang an Patron der Bischofskirche von Trient und seit 1964, zusammen mit Kassian, auch Patron unserer Diözese Bozen – Brixen, erkennen wir an seinem Holzschuh, Zeichen für sein Martyrium und wohl noch mehr ein Zeichen seines missionarischen Unterwegsseins als Verkündiger des Glaubens im Unterland, im Überetscher Raum und in der Gegend von Bozen.

Kassian und Vigilius stehen stellvertretend für die Geschichte und für die Weitergabe des christlichen Glaubens in unserer Diözese. Generationen von gläubigen Menschen haben an dieser Geschichte mitgeschrieben. Wir können nur glauben, weil Menschen vor uns diesen Glauben gelebt und weitergegeben haben! Offen und ehrlich müssen wir eingestehen, dass auch bei uns der christliche Glaube nicht mehr ein einheitliches Bezugssystem für das Denken, die Werthaltungen und die Lebensgestaltung der Menschen ist. Es ist auch bei uns keine Selbstverständlichkeit mehr, ein Christ zu sein. Der christliche Glauben stellt für viele Menschen durchaus noch einen kulturellen, ja religiösen Wert dar. Aber die Glaubensüberzeugung der Kirche kennen und teilen immer weniger Menschen.

Wer sich heute zu Jesus und zu seiner Kirche bekennt, braucht Mut, auch Zivilcourage und vor allem Überzeugung. Das ist mir wieder deutlich geworden im Gespräch mit einem 20jährigen Mann aus Österreich, dem ich in der vergangenen Woche beim großen „Jubiläum der Jugendlichen“ in Rom begegnet bin. Die schönen und hoffnungsvollen Bilder dieser Tage haben sicher mehrere von euch gesehen und mitverfolgt über die Medien. Dieser junge Mann erzählte mir, dass er weder in der Familie noch in seinem Freundeskreis mitgeteilt hat, dass er nach Rom fährt. Er sagte vielmehr, er mache sich mit einigen Freunden auf den Weg zu einem Meeraufenthalt in Kroatien. Er weiß nämlich, wie seine Eltern und seine Umgebung ticken und dass sie nichts vom Glauben, vom Papst und von der Kirche halten. Ganz offen sagte er: „Ich hatte Angst, ausgelacht zu werden.“ Im weiteren Gespräch sagte er zu mir: „Diese Tage hier in Rom, inmitten einer großen, weltweiten Gemeinschaft, tun mir gut; ich muss mich nicht ständig rechtfertigen, dass mir der Glaube an Jesus viel bedeutet.“ Ob er, wenn er nach Hause kommt, die Kraft haben wird, zu seiner Überzeugung zu stehen und zu erzählen, was ihm wichtig ist und was er erlebt hat? Auf jeden Fall nahm er sich vor, seiner Familie zu erzählen, dass er nicht in Kroatien, sondern in Rom war. Er sagte aber auch: „Sie werden mich sicher dafür kritisieren und auch spotten.“ Ob es in unseren Breiten nicht vielen jungen Menschen immer häufiger so ähnlich ergeht?

In der Lesung aus dem 1. Johannesbrief hat es heute geheißen: „Das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser Glaube. Wer sonst besiegt die Welt, außer dem, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ (1 Joh 5,4-5).

Und im Evangelium hat Jesus sein eigenes Schicksal und den Weg derer, die zu ihm gehören wollen, mit dem sprechenden und radikalen Bild des Weizenkorns gedeutet: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (Joh 12,24).

Der Festtag unserer Diözesanpatrone kann uns diese Fragen mit auf den Weg geben: Was bedeutet mir der Glaube? Was würde alles fehlen, wenn es diesen Glauben nicht mehr geben würde, im eigenen Umkreis und in unserer Gesellschaft? Was darf mir die Beziehung zu Jesus und auch zur Glaubensgemeinschaft der Kirche kosten? Was tue ich, damit diese Beziehung in mir und unter uns lebendig bleibt? Ist mir bewusst, dass die anderen meinen Glauben brauchen, damit sie glauben können?

Dieser Festgottesdienst steht im Zeichen der Kirchenmusik und der diözesanen, kirchenmusikalischen Weiterbildungstage, die heute zu Ende gehen. Unsere Gottesdienste wollen eine Antwort geben auf das innere Suchen der Menschen, und sie wollen und sollen dieses Suchen, Ringen und Fragen auf Gott hin ausrichten. Gerade der Gesang und die Musik bieten hier hervorragende Möglichkeiten: Sie fördern die soziale Verbundenheit; sie führen Menschen zu einer unmittelbar erlebbaren Gemeinschaft zusammen; sie helfen, den Glauben existentiell zu erleben. Kirchliche Musik will erleben lassen, dass es mehr gibt als das Vordergründige, das Nützliche, das Materielle und das bloß Funktionale. Geistliche Musik muss etwas erahnen lassen vom Geheimnis Gottes, das auch die Kirche übersteigt und alle menschlichen Möglichkeiten und Erfahrungen.

Dafür brauchen wir Sängerinnen und Sänger, Chorleiterinnen und Chorleiter, Organistinnen und Organisten und alle, die durch ihre Instrumente unsere Chöre unterstützen und begleiten.

Stellvertretend für die vielen, die sich in unserer Diözese in den Kirchenchören einsetzen und einbringen, sage ich zu allen, die an diesen Kirchenmusiktagen teilgenommen haben: Danke, dass es euch gibt! Ich wünsche euch Freude an dem, was ihr tut. Möge euer Einsatz, die Proben, die Aufführungen und die geschenkte Zeit nie als selbstverständlich angesehen werden. Kirchenmusik ist nicht selbstverständlich, sondern kostbar! Sie kann und soll eine Form sein, um unseren Glauben mit Freude und Hoffnung zu verkünden und zu feiern