Liebe Religionslehrer*innen,
nun ist es endlich bald so weit: Die Schulen öffnen wieder ihre Pforten!
Das Schuljahr 2020/21 wird ein besonderes Schuljahr, weil es unter veränderten Bedingungen startet. Die Wiederaufnahme des Schulbetriebes erfolgt nicht ohne Vorsicht und Respekt vor der Dynamik einer ansteckenden Infektionskrankheit. Wir wissen, dass die Situation fragil ist und sich die Infektionslage rasch verändern kann. Die Verantwortlichen haben über den Sommer aber ein Konzept und eine Strategie erarbeitet (siehe Übersichtstabelle), sodass wir vorbereitet in den Schulstart gehen. Es gilt Hygiene- und Schutzmaßnahmen einzuhalten, Unsicherheiten auszuhalten und neue Routinen vor Ort zu entwickeln. Mancherorts müssen aufgrund der beengten Raumsituation Klassen geteilt werden, immer wieder wird es wohl auch zu Teilschließungen für einzelne Klassen oder ganzer Schulstellen kommen. Auch müssen wir damit rechnen, dass Lehrpersonen und Schüler*innen nach Coronafällen in Quarantäne geschickt werden. Manche kritisieren die Maßnahmen gegen das Coronavirus als völlig übertrieben, andere wiederum sorgen sich um die eigene Gesundheit.
An den Grund- und Mittelschulen (mit Ausnahme der 2. Klasse Mittelschule) wird der Präsenzunterricht in Religion auf eine Wochenstunde reduziert, an den Ober- und Berufsschulen sind Präsenzunterrichtsphasen im Wochenwechsel mit Arbeitsaufträgen und digitalem Fernunterricht vorgesehen.
Viele fragen, wie Religionsunterricht unter diesen Bedingungen gewinnbringend gestaltet werden kann. Die Frage beschäftigt auch mich sehr. Eine wirklich befriedigende Antwort habe ich allerdings noch nicht gefunden.
Dennoch ist es wichtig, mit Mut und Zuversicht in das neue Schuljahr zu starten. Alle werden wir mit neuen Herausforderungen konfrontiert werden, daher ist der Austausch und die Vernetzung untereinander besonders wichtig, um selbst Orientierung und Halt in ungewissen Zeiten zu erhalten und Kindern und Jugendlichen Halt und Orientierung bieten zu können.
Der Grundtenor vieler Gespräche mit Religionslehrer*innen in den vergangenen Wochen war, dass Religion gerade in der Zeit des Lockdown eine zentrale Rolle eingenommen hat, vor allem deshalb, weil Religionsunterricht mehr ist als Wissenstransfer. Und deshalb kann viel Entscheidendes für die einzelnen Schüler*innen passieren. Der Religionsunterricht bietet Platz für die Schüler*innen selbst und ihre ganz persönliche, menschliche Entwicklung. Es bleibt Raum für den Menschen und sein Suchen nach einem Platz in der Welt.
Damit der Religionsunterricht auch unter den erschwerten Rahmenbedingungen diesen Kontrapunkt zum Schulalltag setzen kann, ist es entscheidend, dass der Religionsunterricht als Ort des dialogischen Austausches gestärkt wird. Ich bitte euch daher, die Phasen des Präsenzunterrichtes im Religionsunterricht vor allem dazu zu nutzen, den dialogischen Austausch über Religion und zwischen den Schüler*innen zu fördern. Dies erfordert es, die Unterrichtssequenzen so zu strukturieren, dass die Präsenzphasen gut mit den Phasen des selbstorganisierten Lernens bzw. dem Fernunterricht zu Hause verzahnt werden. Eine Möglichkeit, dies zu tun, bestünde darin, in Fachgruppen auf Schul- oder Bezirksebene strukturierte Lerneinheiten zu ausgewählten Themen des Fachcurriculums gemeinsam auszuarbeiten und sich diese anschließend auch gegenseitig zur Verfügung zu stellen. Markus Felderer hat angeboten, hierfür eine entsprechende passwortgeschützte Plattform auf der Webseite des Amtes für Schule und Katechese einzurichten. Dadurch würden zahlreiche qualitätsvolle Lernpakete entstehen, die für das selbstorganisierte Lernen oder in Phasen des Fernunterrichtes genutzt werden können. Gleichzeitig würde dies auch zu einer Entlastung der einzelnen Religionslehrer*innen führen. Gerne bin ich bereit, Fachgruppen bei der Erarbeitung solcher Lernpakete zu unterstützen. Ich würde mich sehr freuen, wenn möglichst viele Religionslehrer*innen diese Anregung aufgreifen würden.
Die meisten Schüler*innen freuen sich, wieder in die Schule gehen zu dürfen. Die Lehrpersonen freuen sich auf die Kinder und Jugendlichen. Das Wiedersehen mit allen Schüler*innen und die Vergewisserung, dass und in welcher Verfassung alle wieder anwesend sind, gilt es bewusst zu gestalten. Daher kommt dem Neubeginn eine große Bedeutung zu. Dieser Moment wird ein fröhlicher und gleichzeitig sehr spannungsgeladener Moment sein.
Es stellt sich die Frage, wer tatsächlich direkt in der Familie eine Viruserkrankung miterlebt hat, welche Familienangehörigen betroffen waren oder ob es womöglich Todesfälle gegeben hat. Zu beachten ist, dass bei Schüler*innen traumatische Erfahrungen zur Sprache kommen können. Wenn es in der Klasse keine besonderen Vorkommnisse gab und alle gesund wieder da sind, bietet eine Erzählrunde über die Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen der letzten Wochen eine gute Möglichkeit des Austauschs. Was tat gut trotz der Ausgangsbeschränkung? Wie konnte der Kontakt zu Großeltern/anderen Verwandten/Freunden gehalten werden? Hier geht es darum zu erkennen, wer in den vergangenen Wochen sehr betroffen war und welche Erfahrungen noch nicht verarbeitet wurden. Diese Schüler*innen kann man nach der Stunde oder in der Pause nochmals ansprechen und ein Gespräch mit einer Vertrauenslehrperson empfehlen.
Und noch zwei praktische Hinweise für den Schulbeginn: Da das Singen in geschlossenen Räumen eine hohe Infektionsgefahr darstellt, bitte ich die Religionslehrpersonen beim Singen darauf zu achten, den größtmöglichen Abstand zueinander einzuhalten und für eine gute Durchlüftung des Raumes zu sorgen. Wenn möglich sollte das Singen im Freien erfolgen. Bei all jenen Tätigkeiten (z.B. Gruppenarbeiten u. Ä. m.), bei denen der Mindestabstand von 1 m nicht eingehalten werden kann, ist es sinnvoll, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.
Abschließend noch ein paar Gedanken zur Stellenwahl: Für großen Unmut unter den Religionslehrpersonen hat die Vorgehensweise bei der Stellenwahl Anfang August gesorgt. Aufgrund technischer Hürden war es nicht möglich, zwei Teilzeitstellen gleichzeitig zu wählen. Völlig zu Recht haben etliche Religionslehrpersonen ihren Ärger darüber geäußert, weil dadurch persönliche Rechte beschnitten wurden. Die Landesschuldirektorin hat mir zugesichert, dass für das kommende Schuljahr eine neue Lösung gefunden wird. Für Irritationen sorgt häufig auch die Ausschreibung von Stammrollenstellen, weil beispielsweise eine Stelle nach einer Pensionierung nicht automatisch wieder als Stammrollenstelle wählbar ist. Hierzu ist festzuhalten, dass die Erstellung des Stellenplanes und des Verzeichnisses der freien und verfügbaren Stellen gemäß Beschluss der Landesregierung vom 4. Juni 2019, Nr. 455 erfolgen. Dieser sieht vor, dass für die unbefristete Aufnahme des Lehrpersonals der Grund-, Mittel- und Oberschulen 90 Prozent der ganzen, freien Stellen im rechtlichen Stellenplan zur Verfügung stehen. Zusätzlich stehen im sog. Landeszusatzstellenplan 50 Prozent der ganzen Stellen, die frei oder ganzjährig von Beginn des Schuljahres bis mindestens Unterrichtsende verfügbar sind, für die unbefristete Aufnahme von Lehrpersonen zur Verfügung. Dies bedeutet, dass für die Ausschreibung neuer Stammrollenstellen der landesweite Stellenplan ausschlaggebend ist, und nicht die konkrete Situation an einem einzelnen Schulsprengel vor Ort.
Ich wünsche allen einen guten Start!